Nach "PanamaPapers" Gesetze gegen Offshore-Hinterzieher geplant

Stand: 02.06.2016 19:22 Uhr

Tausende Deutsche verschleiern mithilfe von Offshore-Gesellschaften ihren Besitz - das haben die "PanamaPapers" deutlich gemacht. Mit einem Maßnahmenpaket wollen die Finanzminister der Länder der Steuerhinterziehung in Übersee ein Ende bereiten.

Von Jan Lukas Strozyk und Benedikt Strunz

Die Finanzminister der Länder wollen am Freitag eine Reihe von Maßnahmen beschließen, durch die Steuerhinterziehung mit sogenannten Offshore-Gesellschaften erschwert werden soll. Unter anderem wollen sie das Bankgeheimnis beschneiden und Anbieter von Offshore-Gesellschaften zur Meldung verpflichten, auch härtere Sanktionen sollen beschlossen werden. Das geht aus einem internen Bericht des Bundesfinanzministeriums hervor.

Die Vorschläge sind eine Reaktion auf die Veröffentlichungen der "PanamaPapers"-Recherchen im April. NDR, WDR, "Süddeutsche Zeitung" hatten aufgedeckt, dass Tausende Deutsche über Briefkastengesellschaften in Steueroasen wie Panama oder den Britischen Jungferninseln verfügen, mit denen sich Steuern hinterziehen und Geldflüsse verheimlichen lassen. Die Finanzministerien hatten daraufhin gemeinsam eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet, die den Maßnahmenkatalog ausgearbeitet hat.

Finanzminister wollen Fakten schaffen

Die Vorschläge aus der Finanzministerkonferenz sollen am Freitag beschlossen werden. Das Thema "PanamaPapers" ist einer von vier Tagesordnungspunkten. Die Vorschläge dienen als Vorlage für konkrete Gesetzesänderungen. Aus dem Bundesfinanzministerium heißt es, sofern sich die Finanzminister auf die Vorschläge einigen können, wolle man unverzüglich mit der Ausarbeitung konkreter Gesetzesformulierungen beginnen. Ziel sei es die Gesetzgebungsprozesse bis zur Sommerpause 2017 abzuschließen.

Der Maßnahmenkatalog umfasst 14 konkrete Gesetzesänderungen zur Vermeidung von Steuerhinterziehung mit Offshore-Gesellschaften. Unter anderem planen die Finanzminister, das Bankgeheimnis aufzuweichen. Das sorgt bislang dafür, dass bei Betriebsprüfungen in Geldinstituten die Kundendaten weitgehend abgeschottet bleiben. Konkret heißt das: Wenn bei der Buchprüfung einer Bank im Zusammenhang mit Kundenkonten Unregelmäßigkeiten auffallen, darf nicht gegen den Kunden ermittelt werden, da das Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und Bank höher wiegt.

Der entsprechende Paragraf 30a der Abgabenordnung soll auf Wunsch der Finanzminister abgeschafft werden. Auch sollen Finanzbehörden in Zukunft einfacher an Kontoinformationen kommen, wenn sie feststellen, dass eine Bank Geschäftsbeziehungen zu Offshore-Gesellschaften pflegt. Gleichzeitig sollen Banken und Kunden härter sanktioniert werden, wenn sie Offshore-Gesellschaften verheimlichen.

Dienstleister müssen Daten auch ohne Verdacht übermitteln

Dienstleister und Geldinstitute sollen außerdem verpflichtet werden, auf Anfrage ohne weitere Voraussetzungen Informationen über ihre jeweiligen Geschäftsbeziehungen zu ausländischen Gesellschaften an die Finanzbehörden zu übermitteln. Bislang ist das nur dann geboten, wenn die Ermittler einen konkreten Verdacht nachweisen können.

Zudem sollen Anbieter von Offshore-Gesellschaften in Zukunft automatisch Informationen an die Behörden übermitteln. Wenn beispielsweise ein Geschäftsmann über eine Bank eine Gesellschaft in Panama erwirbt, muss die Bank den Namen und die Anschrift zusammen mit den Firmendaten an das zuständige Finanzamt weiterleiten. Die Regelung soll auch Bestandskunden betreffen. Sollte die Bank das nicht tun, sieht der Vorschlag eine Haftung des Geldinstituts für möglicherweise entstehende Steuerschäden vor.

Fahnder wollen "PanamaPapers"-Daten auswerten

Vor wenigen Wochen war bekannt geworden, dass sich zudem die Steuerfahnder der Länder vernetzt haben. Auf einem gemeinsamen Treffen in Bonn haben sie sich Mitte Mai darüber verständigt, wie konkrete Fahndungsmaßnahmen aussehen könnten. Unter anderem geht es darum, die ""PanamaPapers""-Datenbank auszuwerten. Anfang Mai hat das Internationale Konsortium für Investigative Journalisten (ICIJ) die Adressen und Namen von mehr als 214.000 Briefkastenfirmen veröffentlicht.

Bafin soll offenbar helfen

Bei der Aufarbeitung der "PanamaPapers" erhalten die Fahnder der Länder jetzt offenbar Unterstützung von der Bundesfinanzaufsicht Bafin. Die Aufsichtsbehörde hatte angekündigt, Unterlagen der im Zuge der "PanamaPapers" unter Verdacht geratenen Banken anzufordern. Ein Sprecher sagte dem NDR: "Die Bafin wird Tatsachen, von denen Sie bei den Nachfragen erfährt und die auf eine Steuerstraftat hinweisen, den Finanzbehörden mitteilen. Ferner erstattet die Bafin im Fall von Hinweisen auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung eine Verdachtsmeldung an das Bundeskriminalamt und die zuständigen Strafverfolgungsbehörden".

Hamburgs Finanzsenator Tschentscher sagte dem NDR: "Hamburg unterstützt die geplanten Maßnahmen, die die Probleme wirksam angehen, die im Zusammenhang mit den 'PanamaPapers' offenbar geworden sind." Auch aus den Finanzministerien der anderen heißt es, man werte den Maßnahmenkatalog als richtigen Schritt.

Opposition gehen Maßnahmen nicht weit genug

Kritik kommt unterdessen von der Opposition. Der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Gerhard Schick, sagte dem NDR, dass es grundsätzlich zu begrüßen sei, dass sich die Finanzminister dem Thema Steuerhinterziehung widme. Gleichzeitig sei es "eine verpasste Chance, dass bei der Finanzministerkonferenz in Neuruppin das Thema Geldwäsche überhaupt nicht auf der Tagesordnung steht".

Tatsächlich belegen aktuelle Zahlen, die dem NDR vorliegen, dass die Zahl der Geldwäschekontrolleure in vielen Ländern im vergangenen Jahr gesunken sind - obwohl die Zahl der Anzeigen zunimmt. Die "PanamaPapers" hatten aufgedeckt, dass Briefkastenfirmen auch dafür genutzt werden, kriminell erworbenes Geld zu waschen. Seit Jahren sieht sich Deutschland internationaler Kritik wegen angeblich zu laxer Geldwäschestandards ausgesetzt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 02. Juni 2016 um 18:40 Uhr