Das Wappen der bayerischen Landespolizei auf dem Ärmel einer Uniform.
FAQ

Bayerisches Polizeigesetz Was steht drin - und was nicht?

Stand: 25.05.2018 04:35 Uhr

Heute tritt in Bayern das neue Polizeigesetz in Kraft. Kritiker drohen mit einer Verfassungsbeschwerde. Sie meinen: Die Polizei darf viel zu früh aktiv werden. tagesschau.de erklärt, was genau im Gesetz steht.

Um welche Arbeit der Polizei geht es?

Es geht um die vorbeugende Abwehr von Straftaten. Die Arbeit der Beamten als Ermittler im Rahmen der Strafverfolgung wird woanders geregelt - in der Strafprozessordnung, einem Bundesgesetz.

Wann darf die Polizei nach dem neuen Gesetz einschreiten?

Früher als bisher - nämlich dann, wenn eine Gefahr droht. Das heißt, die Beamten dürfen eingreifen, wenn sie nachweisen können, dass erhebliche Angriffe auf das Leben oder die Gesundheit von Menschen zu erwarten sind - ohne, dass sie genau wissen, wann und wo das passieren soll. Hinweise können das individuelle Verhalten einer Person oder bestimmte Vorbereitungshandlungen geben.

Bisher war im Polizeirecht festgelegt, dass es eine "konkrete Gefahr" geben muss, damit die Polizei einschreiten darf. Das heißt, es musste konkrete Anhaltspunkte für Ort und Zeit einer bevorstehenden Tat geben. Eingeführt hatte Bayern die Kategorie der "drohenden Gefahr" bereits im Sommer 2017. Die aktuelle Reform weitet sie aber auf mehr Polizeibefugnisse aus.

Warum soll die Polizei schon so früh einschreiten dürfen?

Attentate sollen so möglichst schon in der Vorbereitungsphase vereitelt werden. Ein Beispiel: Ein Islamist kehrt von einem Terrorausbildungslager im Ausland nach Deutschland zurück. Über konkrete Anschlagspläne gibt es noch keine Informationen. Die Polizei darf trotzdem tätig werden, weil das "individuelle Verhalten" der Person "die konkrete Wahrscheinlichkeit begründet", dass etwas passieren könnte. Oder: Ein Islamist kauft für den Bombenbau ein. Hier könnten die Vorbereitungshandlungen den Schluss zulassen, dass es zu einem Anschlag kommt. Auch das könnte eine drohende Gefahr sein, die die Polizei zum Einschreiten berechtigt.

Darf die Polizei also nur zur Terrorabwehr so früh tätig werden?

Nein. Die neuen Möglichkeiten der bayerischen Beamten sind nicht auf die Terrorabwehr beschränkt. Das Innenministerium nennt folgendes Beispiel: Ein gekränkter Ehemann taucht unter und kündigt an, seine Frau töten zu wollen. Selbst wenn die Beamten noch nicht genau wissen, was er plant, dürfen sie tätig werden.

Was wird daran kritisiert?

Die Polizeiarbeit verschiebe sich zu weit nach vorne - in einen Bereich, in dem die Beamten früher nur zu sogenannter Gefahrerforschung und damit zu weniger eingreifenden Maßnahmen berechtigt waren. Kritiker meinen außerdem, zu bestimmen wann eine drohende Gefahr vorliege, werde in der Praxis zu "maximaler Überforderung" führen. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte hat bereits angekündigt, Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz koordinieren zu wollen.

Könnte das Bundesverfassungsgericht ein Problem für Bayern werden?

Die Kategorie der "drohenden Gefahr" tauchte bereits in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2016 auf. Die Karlsruher Richter erklärten damals neue Befugnisse für das Bundeskriminalamt (BKA) zur Terrorbekämpfung teilweise für verfassungswidrig, weil sie ihnen zu weit gingen. Sie stellten dabei klar: Damit die Beamten eingreifen dürfen, müsse entweder ein wenigstens seiner Art nach konkretisiertes und absehbares Geschehen erkennbar sein. Oder: Das individuelle Verhalten einer Person müsse die konkrete Wahrscheinlichkeit begründen, dass diese in überschaubarer Zukunft terroristische Straftaten begeht. An dieser Formulierung orientiert sich nun die Definition der "drohenden Gefahr" im bayerischen Polizeigesetz.

Hat Bayern also nur die Vorgaben aus Karlsruhe übernommen?

Einen Unterschied gibt es auf jeden Fall: Im BKA-Urteil des Bundesverfassungsgerichts ging es nur um Terrorabwehr, das bayerische Polizeigesetz geht darüber hinaus.

Kritisiert wird auch eine ausufernde Präventivhaft. Was ist daran neu?

Die Polizei kann Menschen unter bestimmten Voraussetzungen in Gewahrsam nehmen. Allerdings muss über die Fortdauer der Freiheitsentziehung unverzüglich ein Richter entscheiden. Spätestens alle drei Monate muss der Richter erneut prüfen, ob von dem Menschen noch eine Gefahr ausgeht, die den Gewahrsam rechtfertigt. Eine Höchstdauer für eine solche Freiheitszentziehung gibt es schon seit der jüngsten Reform im vergangenen Sommer nicht mehr.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 16. Mai 2018 um 14:00 Uhr und der BR am 25. Mai 2018 um 16:00 Uhr.