Neue Belege im NPD-Verbotsverfahren Droht Ex-V-Leuten die Enttarnung?

Stand: 15.05.2015 17:38 Uhr

Zum NPD-Verbot kann es nur ohne V-Leute kommen. Die Länder legten nun Belege dafür vor, dass sie auf Informanten in der Parteispitze verzichten. Die Akten gehen an das Verfassungsgericht - und an die NPD. Droht den Ex-V-Leuten nun Gefahr?

Die neuen Unterlagen sind abgeheftet in vier Aktenordnern, vollgepackt mit geheimen Schriftstücken der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern: darunter interne Vermerke, Dienstanweisungen, Gesprächsprotokolle und vertrauliche E-Mails. Die Dokumente sollen die Verfassungsrichter davon überzeugen, dass sämtliche V-Leute in der NPD-Führungsspitze abgeschaltet wurden.

"Wir haben alle Voraussetzungen erfüllt"

Roger Lewentz, Innenminister von Rheinland-Pfalz und Vorsitzender der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern, ist fest davon überzeugt, dass das Material nun ausreicht, um ein Verbotsverfahren gegen die NPD einzuleiten. "Wir glauben, dass wir gut präpariert sind, dass wir das aufgenommen haben, was uns das Bundesverfassungsgericht mit auf den Weg gegeben hat, dass wir alle Voraussetzungen erfüllt haben", sagte Lewentz.

Die Akten gehen auch an die NPD

In den Unterlagen ist genau beschrieben, wann welche V-Leute abgeschaltet wurden. Insgesamt soll es sich dabei bundesweit um elf Informanten gehandelt haben. Spätestens ab dem 6. Dezember 2012, so wird versichert, habe es keine Kontakte mehr mit V-Leuten in der Führungsebene der NPD gegeben.

Auch die NPD kann nun, als prozessbeteiligte Partei, die Akten einsehen. Und das ist problematisch. Zwar wurden die Klarnamen der V-Leute geschwärzt, dennoch befürchten Verfassungsschützer, dass sie enttarnt werden könnten. Innenminister Lewentz sieht diese Gefahr allerdings nicht: "Wir haben dafür gesorgt, dass keine persönlichen Dinge auf sie zukommen können durch NPD-Aktivisten. Das ist ganz klar unsere Verantwortung, und der sind wir auch gerecht geworden."

"Deutlich erhöhte Enttarnungsrisiken"

Die Prozessbevollmächtigen der Länder, die beiden Berliner Rechtsprofessoren Christoph Möllers und Christian Waldhoff, sehen das offenbar sehr viel kritischer. In ihrem Schriftsatz, der der ARD-Rechtsredaktion vorliegt, heißt es: "Die vorgelegten Unterlagen führen - trotz der Schwärzungen - bereits zu deutlich erhöhten Enttarnungsrisiken für die ehemaligen Quellen."

Auch ungeschwärzte Akten sind eine Option

Der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern Lorenz Caffier, glaubt, dass ein Verfahren gegen die NPD jedenfalls nicht mehr an der Frage der V-Leute scheitern kann. Ein Verbot sei auch gerechtfertigt, weil die NPD gerade in den vergangenen Monaten ihr wahres Gesicht gezeigt habe. "Es gibt viele NPD-Leute, die versuchen, Bürgerinnen und Bürger einzuschüchtern, die sich beispielsweise um das Thema Asyl kümmern, oder die als Gemeindevertreter antreten. Auch Bürgermeister haben gerade in den vergangenen Monaten leidvolle Erfahrungen in Deutschland machen müssen", sagte Caffier.

Nun müssen die Verfassungsrichter die Akten prüfen und entscheiden, ob ihnen die Beweise ausreichen, um ein Verbotsverfahren einzuleiten. Sollte ihnen das neue Material nicht ausreichen, sind die Länder sogar bereit, ihnen die gesamten Aktenbestände zu den V-Leuten ungeschwärzt zu überlassen - allerdings nur, wenn die NPD dann keine Akteneinsicht bekommt.

Klaus Hempel, K. Hempel, SWR, 15.05.2015 11:45 Uhr