Reaktion auf Merkel-Vorstoß CSU bremst Diskussion über politische Union

Stand: 07.06.2012 19:58 Uhr

Die CSU hat wenig Sympathie für den Vorstoß von Kanzlerin Merkel für eine politische Einheit Europas. CSU-Chef Seehofer sagte, zuerst müssten die aktuellen Fragen der EU und des Euros gelöst werden. Bei SPD und Grünen rennt Merkel dagegen offene Türen ein. SPD-Chef Gabriel erklärte, es gebe keine Alternative.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer lehnt eine Diskussion über die politische Einheit Europas ab und stellt sich damit gegen einen Vorstoß von Kanzlerin Angela Merkel. "Ich glaube nicht, dass durch eine solche Debatte eine Beruhigung auf den Zinsmärkten und den Finanzmärkten eintritt", sagte er in Den Haag. Vor dieser Diskussion müssten zunächst die aktuellen Schwierigkeiten gelöst werden. Andernfalls würde die "Erledigung aktueller Probleme nur ungeheuer erschwert", mahnte Seehofer.

Gabriel: Dramatische Wende der Kanzlerin

Die SPD begrüßte das Plädoyer Merkels für den Ausbau der Europäischen Union in Richtung einer politischen Union. SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach von einer "dramatischen Wende der Kanzlerin in der Europapolitik". Merkel sehe jetzt ein, "dass man auf Dauer eine gemeinsame Währung nicht führen kann ohne eine integrierte Finanz- und Steuerpolitik". Dies sei schon lange auch die Position der SPD.

Gabriel bezog sich dabei auf die Forderung der Kanzlerin, Schritt für Schritt Kompetenzen der Nationalstaaten an die EU abzugeben. Entweder die Europäische Union bekenne sich dazu, "dass sie über einen längeren Zeitraum mehr dazu tun wird, das sich innerhalb der Union die Wirtschafts- und Lebensbedingungen annähern oder die Währungsunion droht auseinanderzufallen", sagte Gabriel weiter. Es gebe keine Alternative, "es ist zwingend, Schritte in die politische Integration zu machen".

Auch die Grünen plädierten für weitere Integrationsschritte in Europa. Ihr Europa-Experte Manuel Sarrazin forderte aber in Berlin, dies dürfe nicht "in Hinterzimmern" ausgekungelt werden, sondern müsse in transparenter Weise in einem Europäischen Konvent erfolgen. Dieser solle in den nächsten Monaten unter Einbeziehung von Parlamenten, Sozialpartnern und Zivilgesellschaft einberufen werden.

Gysi bleibt skeptisch

Skeptisch zu dem Vorstoß Merkel äußerte sich auch Linken-Fraktionschef Gregor Gysi. "Solange Europas Regierende eine Sozialunion für unnötig halten, das Europäische Parlament weiter als Randerscheinung der Regierungen behandeln, Europa im Bann der Finanzmärkte knebeln und vornehmlich über Kürzungsdiktate definieren, wird ein solches Mehr an Europa zur existentiellen Bedrohung für die europäische Idee", warnte er in Berlin. Zwar sei eine vertiefte Integration richtig, jedoch nicht, wenn es dabei nur um "Bankenrettung, Sozialabbau und Lohnkürzungen" gehe.

Merkel will EU-Gipfel Plan vorlegen

Merkel hatte zuvor für den nächsten EU-Gipfel Ende Juni einen Arbeitsplan zum Ausbau einer politischen Union angekündigt. Ihr Ziel ist es demnach, die politische Einheit Europas voranzubringen und ein klaren Bekenntnis pro Europa abzugeben.

"Wir brauchen nicht nur eine Währungsunion, sondern wir brauchen auch eine sogenannte Fiskalunion, also mehr gemeinsame Haushaltspolitik. Und wir brauchen vor allem eine politische Union", sagte die im ARD-Morgenmagazin. Das bedeute, "wir müssen Schritt für Schritt auch Kompetenzen an Europa abgeben".

"Ja, aber" aus Großbritannien

Der britische Premierminister David Cameron begrüßte den Vorstoß der Kanzlerin. Er sagte am Rande eines Treffens mit Merkel im Kanzleramt, eine stärkere Integration in der Euro-Zone sei "wichtig und notwendig". Großbritannien werde dabei aber nicht mitmachen, weil es dem Währungsraum nicht angehöre. Cameron befürchtet, dass die ohnehin schwächelnde britische Wirtschaft durch die Euro-Krise noch weiter belastet wird. Großbritannien befindet sich in der Rezession.