Informationsfreiheit als Grundrecht Offenheit bis auf die Haut in Schweden

Stand: 26.08.2007 20:51 Uhr

Datenschutz wird in Deutschland hoch geschätzt: In Schweden ist seit Jahrhunderten Öffentlichkeit oberstes Prinzip. Neben dem Einblick in offizielle Dokumente ermöglicht es einen Einblick in die Privatsphäre der Mitbürger und macht selbst vor elektronischer Korrespondenz der Politiker keinen Halt.

Von Maike Jäger

In Schweden gilt das "Offentlighetsprincip" - Öffentlichkeitsprinzip - grundsätzlich: Es dürfen alle offiziellen Dokumente - einschließlich Bandaufnahmen und in Computern gespeicherte Daten - eingesehen werden, die sich in Behördenhand befinden. Dies gilt für die gesamte staatliche und kommunale Tätigkeit. Das heißt, jede Akte, die eine Behörde führt, ist von jedem Bürger auf Nachfrage und ohne Begründung einsehbar. Eine Beschränkung besteht nur, wenn Dokumente die Sicherheit des Staates oder internationale Beziehungen gefährden würden.

Dieses Recht ist seit 1766 im Grundgesetz verankert und wird von vielen Schweden als unersetzlich für die Demokratie angesehen. Offenheit und Transparenz sind die Grundregel, Geheimhaltung die Ausnahme. Demnach muss immer eine gesetzliche Begründung vorliegen, wenn die Herausgabe von Informationen oder Unterlagen durch eine Behörde verweigert wird.

Einblick in die Privatsphäre

Das Öffentlichkeitsprinzip reicht in der Praxis weit in die Privatsphäre hinein. Es bedeutet, dass jeder beispielsweise erfragen kann, wie hoch das Einkommen seines Nachbarn ist und wie viele Steuern dieser zahlt. Außerdem gilt das Prinzip auch für E-Mail. Das bedeutet, dass jeder Bürger das Recht hat, sämtliche elektronische Korrespondenz der schwedischen Politiker und Beamten einzusehen und zu lesen.

Das Prinzip des Datenschutzes ist dabei weitgehend unbekannt und stößt auf Unverständnis: Die Schweden sehen keine Notwendigkeit, die Bürger vor dem Staat zu schützen.

Bei seinem Beitritt zur Europäischen Union 1995 bestand das Land darauf, diese Prinzipien des schwedischen Verfassungserbes zu bewahren. Im Beitrittsvertrag Schwedens gibt es eine besondere Erklärung zum Grundsatz der Öffentlichkeit. Die Vorschriften des Öffentlichkeitsgrundsatzes werden als grundlegend für das "konstitutionelle, politische und kulturelle Erbe Schwedens" bezeichnet. Die Europäische Union konterte mit einer eigenen Erklärung, in der der schwedische Standpunkt zur Kenntnis genommen wurde, gleichzeitig aber auch vorausgesetzt wurde, dass Schweden als Mitgliedsland die Vorschriften der Gemeinschaft befolgen würde.