Hintergrund

Umgang mit Information im Ausland Deutschland ist in der EU Nachzügler

Stand: 26.08.2007 00:21 Uhr

Was es in Deutschland bis 2006 nicht gab, gehört in rund 50 Ländern längst zum Alltag: die freie Akteneinsicht. Dies ist nicht nur in den Industrieländern möglich, sondern auch in Schwellenländern wie Indien, Mexiko und Südafrika. Bei der Umsetzung der Informationsfreiheit gibt es jedoch große Unterschiede.

Von Uschi Nagy

In der Europäischen Union haben alle fast Länder Informationsfreiheitsgesetze beschlossen oder ein entsprechendes Grundrecht in der Verfassung verankert. Deutschland war bis 2006 eine der wenigen Ausnahmen neben Malta und Zypern. In Schweden und den USA ist es schon lange Tradition, Dokumente der Behörden einsehen zu können

In Österreich heißt es "Auskunftspflichtgesetz", in Dänemark "Offentlighedsloven" und in Portugal "Zei de acesso aos documentos administrativos". So wie der Name variiert auch die jeweilige Gestaltung der Gesetze, da es keine international verbindlichen Richtlinien gibt. Im Rahmen der EU hatte der Rat der Europäischen Union zu Beginn des Jahres 2002 lediglich empfohlen, Informationsfreiheitsgesetze in allen EU-Mitgliedsstaaten zu verabschieden.

Mangelhafte Ausformulierung der Gesetze

Thomas Hart von der Bertelsmann-Stiftung hat in einer umfangreichen Studie die weltweite Umsetzung der Informationsfreiheitsgesetze verglichen. Ein Hauptproblem sei, dass viele Informationsfreiheitsgesetze zu allgemein gehalten sind, hat er festgestellt. In vielen Fällen sei noch nicht einmal die Bearbeitungsfrist konkret geregelt. Oft würde eine Anfrage akzeptiert aber nicht direkt bearbeitet.

Laut seiner Studie vertagten Behörden die Akteneinsicht, wenn das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Das könne sich von 30 Tagen bis zu fünf Jahren hinziehen, berichtet Thomas Hart. In diktatorisch geführten Ländern wie zum Beispiel in Thailand würden trotz Informationsfreiheitsgesetz viele Akten nicht bereit gestellt. Aber auch in westlichen Ländern wird es Antragstellern schwer gemacht. Zum Teil können sie Akten nur in Anwesenheit eines Beamten sichten und müssen nachher dessen Arbeitsstunden zahlen. Thomas Hart kennt auch Fälle, in denen die Arbeit der Behörde vom Staat aktiv behindert wird. In Kanada wurde im letzten Jahr das Budget der für die Informationsfreiheit zuständigen Behörde gekürzt.

Beratung der Bürger international sehr verschieden

Von Land zu Land unterschiedlich sind auch die Stellen, an die sich Antragsteller wenden können. Einige Länder setzen Beauftragte zur Informationsfreiheit ein, sogenannte "Commissioners" oder "Ombudsmänner". Sie sollen die Bürger und Bürgerinnen bei ihren Informationsanfragen beraten und unterstützen. In vielen Ländern übernehmen das die Datenschutzbeauftragten. Dort, wo es keine speziellen Berater zur Informationsfreiheit gibt, müssen sich die Antragssteller direkt an das Verwaltungsgericht wenden.

Am meisten zu tun hat potenenziell der Finne Jacob Södermann. Denn seit Mai 2002 haben die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union das Recht, die Dokumente des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission einzusehen. Und ihre Anfträge landen auf Södermanns Schreibtisch in Brüssel.