Hintergrund

Eckpunkte des neuen Urheberrechts Privatkopieren bleibt möglich, aber...

Stand: 05.07.2007 18:46 Uhr

Privatkopien bleiben erlaubt, zumindest von nicht geschützten CDs und DVDs - so sieht es die Reform des Urheberrechts vor, die der Bundestag nach monatelangen Debatten verabschiedet hat. Allerdings: Ein "Recht auf Privatkopie" zu Lasten des Rechteinhabers gibt es nicht.

Privatkopien bleiben erlaubt, zumindest von nicht geschützten CDs und DVDs - so sieht es die Reform des Urheberrechts vor, die Union, SPD und FDP gegen die Stimmen der Linken und weitgehender Enthaltung der Grünen nach monatelangen Debatten verabschiedet haben. Allerdings: Ein "Recht auf Privatkopie" zu Lasten des Rechteinhabers gibt es nicht. Für diese bringt das neue Gesetz, dem der Bundesrat noch zustimmen muss, einige deutliche Änderungen mit sich.

Der von der Bundesregierung geplante so genannte Zweite Korb der Novelle soll die bisherige Regelung für die Informationsgesellschaft fit machen. Nachdem die Koalition bereits im vergangenen Jahr einen Gesetzentwurf vorgelegt hatte, wurde dieser nach Kritik von mehreren Seiten noch einmal überarbeitet.

Der nach wie vor umstrittene Entwurf für das Urheberrechtsgesetz enthält einige Änderungen, die unmittelbar den Verbraucher betreffen. Der Großteil der Neuregelungen betrifft jedoch verschiedene Interessengruppen wie die Hersteller von Geräten zur Vervielfältigung, Inhaber wie Verwerter urheberrechtlich geschützter Werke, sowie Betriebe aus den Bereichen Bildung und Wissenschaft.

Recht auf Privatkopie

Kopien von Musik oder Filmen zum privaten Gebrauch in geringer Zahl (auszugehen ist von etwa fünf Kopien) sind weiterhin erlaubt - allerdings nur solange bei der Erstellung kein Kopierschutz geknackt wird. Was genau als Austricksen eines Kopierschutzes zu bewerten ist, das lässt das Gesetz offen - einer der Kritikpunkte an dem Gesetz. Für Software gelten übrigens bereits ohnehin strengere Sonderregeln.

Neu ist die Einschränkung, dass Kopien nicht mehr "von offensichtlich rechtswidrig zugänglich gemachten Vorlagen" erstellt werden dürfen, womit speziell die Verbreitung von Kopien über Tauschbörsen unterbunden werden soll. Bislang galt das nur für "offensichtlich rechtswidrig hergestellte Vorlagen". Nicht nur der Upload sondern auch der Download ist künftig im Regelfall verboten.

Bereits im vergangenen Jahr gekippt wurde die ursprünglich von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries geplante Bagatellklausel. Über diese sollten geringe Urheberrechtsverletzungen speziell im Hinblick auf die Nutzung von Tauschbörsen durch Minderjährige zumindest von einer strafrechtlichen Verfolgung ausgenommen werden.

Keine Deckelung der Urheberabgabe

Anders als im ursprünglichen Entwurf der Novelle vorgesehen, soll die Pauschalvergütung ("Kopierabgabe") auf Geräte und Speichermedien nicht gedeckelt werden. Nach massiver Intervention der Verwertungsgesellschaften wurde der Plan aufgegeben, die Urheberabgaben auf fünf Prozent des Verkaufspreises zu begrenzen. Die bislang staatlich regulierten Vergütungssätze sollen nun direkt zwischen den Verwertungsgesellschaften und Herstellern ausgehandelt werden.

Wie dies zu bewerten ist, hängt vom Betrachtungswinkel ab. Für den Urheber bedeutet es eine Stärkung seiner Rechte und damit die Sicherung der Bezahlung für seine Werke - vorausgesetzt er ist Mitglied in einer Verwertungsgesellschaft. Für den Verbraucher dürfte die Regelung jedoch zu höheren Preisen führen. Der Branchenverband der Hersteller von IT-Geräten, Bitkom, kritisierte die Regelung und befürchtet, dass Kunden zunehmend online im Ausland einkaufen.

Neuregelung für "Unbekannte Nutzungsarten"

In diesem Punkt konnten die großen Rechteverwerter ihre Interessen weitgehend durchsetzen. Bisher dürfen sie ohne eine Genehmigung des Urhebers dessen Werke nur in dem Umfang verwerten, wie es der Nutzungsvertrag oder das Gesetz ausdrücklich erlauben. Dies ist insofern problematisch, da ein Urheber nicht wissen kann, was für neuartige Nutzungsformen (Paradebeispiel ist hier das Internet) sich in der Zukunft ergeben. In diesem Fall müssen Verwerter mit großem Aufwand nachträglich Nutzungserlaubnisse einholen - vorausgesetzt der Urheber wird überhaupt gefunden.

Der Entwurf sieht vor, dass die Verwerter verpflichtet sind, die Urheber zu benachrichtigen. Binnen einer Dreimonatsfrist können die Urheber der neuen Nutzung widersprechen. Danach erlischt das Widerspruchsrecht und die Verwerter erhalten gegen eine "angemessene Vergütung" quasi eine gesetzliche Zwangslizenz zur Verwertung in neuen Nutzungsarten. Problematisch ist erneut, dass der Vergütungsanspruch nur durch Verwertungsgesellschaften wahrgenommen werden können soll. Urheber, die nicht Mitglied sind, gehen wieder leer aus.

(Bedingte) Öffnung der Archive

Bibliotheken, Museen und Archiven wird die elektronische Bereitstellung ihrer Bestände an Leseplätzen in eingegrenztem Maße gestattet. Elektronische Werkskopien sollen sie jedoch nur noch so oft zur Nutzung anbieten dürfen, wie sie gedruckte Exemplare im Bestand haben. Nur "bei Belastungsspitzen" sind Ausnahmen bis zur vierfachen Nutzung vorgesehen.

Hürden für die Wissenschaft

Nicht mehr vorgesehen ist, dass Bibliotheken kostengünstig elektronische Kopien von Artikeln aus Fachzeitschriften über Dienstleister beziehen können. Der Kopienversand soll nur noch per Fax oder als grafische Datei per Mail zulässig sein, was die praktischen Nutzungsmöglichkeiten drastisch einschränkt. Weitere Einschränkung: Der Versand ist nur erlaubt, solange die Verlage kein eigenes elektronisches Angebot haben. In der Regel bieten Fachverlage aber den deutlich teureren Einzelversand von Artikeln oder lediglich Abonnements ihrer Zeitschriften an. Auf Bibliotheken und Wissenschaftler dürften damit erhöhte Kosten für die Neuanschaffung von Fachzeitschriften zukommen.

Kein "Open Acess"

In diesem Zusammenhang fällt auf, dass in der Novelle, trotz Forderungen des Bildungsausschusses des Bundestages, keine Förderung des "Open Access"-Prinzips vorgesehen ist. Dieses propagiert unter anderem, Aufsätze und Berichte über stark öffentlich subventionierte Forschungen im Internet für jedermann kostenlos zugänglich zu machen, damit Hochschul- oder Institutsbibliotheken die Veröffentlichungen nicht erst von kommerziellen Wissenschaftsverlagen wieder zurückkaufen müssen.