BGH zu Wohnungskündigung Rechte kranker Mieter gestärkt

Stand: 15.03.2017 16:58 Uhr

Kranken Mietern kann nicht so einfach die Wohnung gekündigt werden wie gesunden. Das entschied der Bundesgerichtshof. Gerichte hätten die Pflicht, die genauen Folgen eines Umzugs für die Betroffenen abzuwägen. Geklagt hatten ein Demenzkranker und seine Frau.

Im Streit um die Räumung einer Mietwohnung müssen Gerichte gesundheitliche Einwände der Mieter besonders ernst nehmen. Schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen oder gar Lebensgefahr sind gegebenenfalls durch einen Sachverständigen abzuklären, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschied.

Im konkreten Fall sollte ein badisches Ehepaar seine Wohnung wegen Eigenbedarfs räumen. Es widersprach der Kündigung und machte unzumutbare Härten geltend. Der 87-jährige Mann leide an beginnender Demenz. Diese drohe sich deutlich zu verschlechtern, wenn er seine gewohnte Umgebung verlassen müsse. Vermutlich bleibe dann nur der Umzug in ein Heim. Die Frau müsse ihn dann entweder verlassen oder ebenfalls in das Heim ziehen, obwohl sie eigentlich noch rüstig sei.

Fall muss neu verhandelt werden

Der Vermieter reichte eine Räumungsklage ein. Das Amtsgericht Bühl und das Landgericht Baden-Baden gaben dieser statt. Der BGH hob diese Urteile nun auf. Die Vorinstanzen hätten es versäumt, sich "ein in die Tiefe gehendes eigenständiges Bild" von der Situation der Mieter und den Folgen eines Umzugs zu machen. Deshalb muss das Landgericht den Fall nun in den genannten Gesichtspunkten neu prüfen.

Gerichte müssen laut BGH in möglichen Härtefällen ausdrücklich abwägen, ob im Einzelfall die Belange der Mieter Vorrang vor denen des Vermieters hätten. Dies gelte "gerade bei drohenden schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Lebensgefahr", betonten die Karlsruher Richter. Bei fehlender eigener Sachkunde müssten sich die Gerichte "ein genaues und nicht nur an der Oberfläche haftendes Bild davon verschaffen, welche gesundheitlichen Folgen im Einzelnen für den Mieter mit einem Umzug verbunden sind".

(AZ: VIII ZR 270/15)

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 15. März 2017 um 16:15 Uhr in den Nachrichten.