Fragen und Antworten Integration auf der Schulbank lernen?

Stand: 27.10.2010 12:48 Uhr

Die Sprache ist ein wichtiger Schlüssel für eine geglückte Integration - aber nicht der einzige. Deshalb geht das Angebot der Integrationskurse in Deutschland über reine Sprachvermittlung hinaus. Was gelehrt wird und wer dazu verpflichtet werden kann, erklärt tagesschau.de.

Ob bei der Jobsuche oder im Supermarkt - Die Sprache ist ein wichtiger Schlüssel für eine geglückte Integration, aber nicht der einzige. Deshalb geht das Angebot der Integrationskurse in Deutschland über die reine Sprachvermittlung hinaus. Was darin gelehrt wird, wer dazu verpflichtet werden kann und wer nicht - tagesschau.de gibt einen Überblick.

Was ist ein Integrationskurs?

In staatlich subventionierten Integrationskursen lernen Zuwanderer Deutsch und erhalten grundlegende Kenntnisse über die deutsche Gesellschaft. Die Angebote richten sich an Migranten, die nicht mehr schulpflichtig sind. Ziel ist es, ihnen bessere Chancen auf eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu eröffnen und es ihnen damit zu erleichtern, einen Platz in der hiesigen Gesellschaft zu finden.

Für wen sind Integrationskurse Pflicht?

Immigranten, die vor dem 1. Januar 2005 eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten haben, können zur Teilnahme verpflichtet werden, wenn sie Arbeitslosengeld II beziehen - vor allem, wenn sie integrationsbedürftig sind. Damit werden Zuwanderer bezeichnet, denen es nicht gelungen ist, sich ohne staatliche Hilfe in das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben in Deutschland einzugliedern. Ihre besondere Integrationsbedürftigkeit stellt die Ausländerbehörde fest.

Neuzuwanderer sind generell zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet. Diese Pflicht können sie nur umgehen, wenn sie mit einem Zertifikat oder Abschluss die erforderlichen Sprachkenntnisse nachweisen können. Neuzuwanderer können zur Teilnahme auch dann verpflichtet werden, wenn sie Arbeitslosengeld II beziehen.

Da sowohl Zuwanderer mit geringen Sprachkenntnissen als auch Zuwanderer mit einer längeren Biographie in Deutschland zu solchen Kursen verpflichtet werden, ist ihre Zusammensetzung oft überaus heterogen.

Kann freiwillig teilgenommen werden?

Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis von mehr als einem Jahr - beispielsweise bei Familiennachzug, Arbeit, aus humanitären Gründen sowie EU-Bürger - können eine Berechtigung oder Zulassung bei der Ausländerbehörde beantragen. Sie stellen derzeit die Mehrheit an den Kursteilnehmern - 60 Prozent von insgesamt 140.000 Teilnehmern.

Weitere 9000 warten auf eine Zusage. Nach Schätzungen der Bundesregierung liegt die Zahl der Ausländer, die über geringe Sprachkenntnisse verfügen und für die Qualifizierung infrage kommen, sogar bei 1,13 Millionen Menschen.

Wer kann nicht verpflichtet werden?

Spätaussiedler, EU-Bürger und deutsche Staatsangehörige können nicht zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet werden.

Wie ist der Ablauf des Kurses?

Zunächst werden die Teilnehmer von den Schulen eingestuft. Zuwanderer, die nicht oder kaum alphabetisiert sind, werden in Alphabetisierungskursen geschult. Teilnehmer mit einer nur geringen Lernerfahrung werden Förderkursen zugeteilt. In beiden Kursen soll am Anfang das aktive Sprechen geübt werden. Außerdem sollen die Teilnehmer mit der Grammatik vertraut gemacht werden; zudem wird ihr Lese- und Hörverständnis geschult. Der Kurs umfasst 600 Unterrichtsstunden Sprachkurs und 100 Stunden Orientierungskurs, in dem Wissen zu Geschichte, Rechtsordnung und Werten in Deutschland vermittelt wird.

Regelmäßige Anwesenheit ist Pflicht. Der Integrationskurs endet mit einem zentral erstellten, schriftlichen und mündlichen Abschlusstest. In ihm geht es um einen Katalog von 250 Fragen. Wer den Abschlusstest nicht besteht, kann ein zweites Mal teilnehmen. Wie solch ein Abschlusstest aufgebaut ist, kann auf den Seiten des Bundesamtes für Migration eingesehen werden.

Drohen Strafen für Menschen, die nicht zum Kurs kommen?

Rund 20 Prozent der zur Teilnahme Verpflichteten erscheint nach einer Erhebung des Bundesamts für Migration zunächst nicht zum Integrationskurs. Mangelnde Motivation sei aber nur "in einzelnen Fällen" der Grund - zumeist seien familiäre Ereignisse oder Krankheit die Ursache für ihr Fehlen. Zehn Prozent brechen demnach den Kurs ab. Viele holen laut Bundesamt den Kurs später aber nach.

Menschen, die den Integrationskurs nicht besuchen oder abbrechen, obwohl sie dazu verpflichtet sind, können mit Strafen belegt werden. Die Ausländerbehörde kann Arbeitslosengeld-II-Empfängern Bezüge kürzen, Bußgelder verhängen und als Ultima Ratio die Aufenthaltserlaubnis entziehen.

Wer bietet Integrationskurse an?

Es gibt 1300 Integrationskursträger - beispielsweise Bildungswerkstätten oder Volkshochschulen. Sie sind an circa 5800 Kursorten vertreten. Die Träger unterliegen einer Verordnung des Bundesamtes für Migration.

Wie viel kostet der Lehrgang?

Die Regierung hat die Mittel für die Kurse in diesem Jahr noch einmal um 15 Millionen Euro aufgestockt und lässt sich das Programm jetzt 233 Millionen Euro kosten.

Pro Modul müssen die Teilnehmer einen Eigenanteil von 100,00 Euro im Voraus bezahlen, der Orientierungskurs kostet 45,00 Euro. Sozialhilfe- oder Arbeitslosengeld-II-Empfänger können einen Antrag auf Kostenbefreiung stellen.

Welchen Erfolg bringt ein solcher Kurs?

Nicht alle beenden und bestehen den Integrationskurs: Zwischen 2005 und 2010 haben bundesweit mehr als 650.000 Menschen einen Integrationskurs besucht. Die Abschlussprüfung bestanden 54 Prozent der Prüfungsteilnehmer.

Zusammengestellt von Tobias Deckert, tagesschau.de