Fragen und Antworten zur Pkw-Maut Was auf Autofahrer zukommt

Stand: 27.03.2015 12:54 Uhr

Nach langem Streit hat der Bundestag die Pkw-Maut beschlossen, die 2016 eingeführt werden soll. Das Prestigeprojekt von Verkehrsminister Dobrindt war auch innerhalb der Koalition umstritten. tagesschau.de erklärt das Maut-Gesetz und seine Knackpunkte.

Wer muss Pkw-Maut bezahlen?

Im Prinzip sollen alle Autofahrer ab 2016 zahlen. Den Plänen zufolge wird die Jahresmaut für inländische Autofahrer automatisch berechnet und abgebucht. Die Höhe richtet sich nach Hubraum und Schadstoffausstoß des Autos und beträgt höchstens 130 Euro. Um denselben Betrag soll sich für Inländer die Kfz-Steuer reduzieren. Wer nachweisen kann, dass er nie mautpflichtige Strecken benutzt, kann sich die Maut erstatten lassen. 

Motorräder, Elektroautos, Wagen von Behinderten und Krankenwagen sollen von der Maut befreit werden. 

Ausländische Autofahrer können neben der Jahresmaut noch zwischen weiteren Optionen wählen: Je nach Schadstoffausstoß und Motorgröße würde die Maut für zwei Monate 16, 22 oder 30 Euro kosten, die für zehn Tage fünf, zehn oder 15 Euro kosten.

Wie hoch sind die Einnahmen aus der Maut?

Das Verkehrsministerium geht davon aus, dass inländische Autofahrer Maut in Höhe von 3,19 Milliarden Euro bezahlen. Um denselben Betrag sinken die Einnahmen aus der Kfz-Steuer. Von Autofahrern aus dem Ausland erwartet das Ministerium jährlich 733 Millionen Euro. Nach Abzug der Unkosten sollen 500 Millionen Euro für Investitionen übrig bleiben.

Maut-Kritiker bezweifeln, dass überhaupt diese 500 Millionen Euro erwirtschaftet werden können. ADAC-Verkehrsexperte Jürgen Albrecht geht von einem Null-Summen-Spiel aus. Die im Ministerium veranschlagten Kosten hält Albrecht für zu gering. So sei im Entwurf des Ministers bisher nur von Betriebs- und Personalkosten die Rede, nicht aber von den Kosten für die Kontrolle.

Wofür sollen die Einnahmen verwendet werden?

Die Einnahmen aus der Pkw-Maut sollen zweckgebunden in die Infrastruktur fließen. Schließlich heißt die Pkw-Maut offiziell auch so, nämlich Infrastrukturabgabe. Allerdings wird Verkehrsminister Alexander Dobrindt mit den 500 Millionen Euro aus der Pkw-Maut in Sachen Sanierung und Neubau nicht weit kommen.

Auf 7,5 Milliarden Euro schätzt Wolfgang Stölzle, Professor für Logistikmanagement an der Universität St. Gallen in der Schweiz, den Finanzierungsbedarf der deutschen Straßen.

Als kritisch gelten vor allem die Brücken. Viele der rund 39.000 Konstruktionen an den Autobahnen und Bundesstraßen sind älter als 40 Jahre.

Wer kontrolliert, dass Pkw-Maut gezahlt wurde?

Die bereits vorhandenen Maut-Stellen sollen auch für die Kontrolle der Pkw-Maut genutzt werden. Der Entwurf sieht vor, Autokennzeichen stichprobenartig zu fotografieren und mit dem sogenannten "Infrastrukturabgaberegister" zu vergleichen. Ursprünglich war geplant, die Aufnahmen 13 Monate lang aufzubewahren, um später die Erstattungsanträge bearbeiten zu können.

Nach Protesten von Datenschützern gegen diese Form der Vorratsdatenspeicherung sollen die Scans schnellstmöglich gelöscht werden, wenn keine Mautpreller erfasst werden. Wer die Maut erstattet bekommen will, muss den Nachweis über zum Beispiel ein Fahrtenbuch selbst führen.

Wer aber gar keine Maut entrichtet und erwischt wird, muss Strafe zahlen - voraussichtlich bis zu 150 Euro. Im Wiederholungsfall können bis zu 260 Euro plus eine Jahresmaut fällig werden. Die Strafen sollen auch bei Pkw-Haltern im Ausland eingetrieben werden.

Wird die EU den Plänen zustimmen?

Die EU-Kommission will die deutschen Pläne für eine Pkw-Maut erst nach Verabschiedung eines Gesetzes genauer bewerten. Die zuständige EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc hat mehrfach Zweifel unter anderem am geplanten Maut-Ausgleich für inländische Autobesitzer durch eine geringere Kfz-Steuer erkennen lassen. Das EU-Recht untersagt eine Benachteiligung von Ausländern. Gleichzeitig bekräftigt Bulc, eine europarechtskonforme Lösung sei möglich.

Gibt es Alternativen?

EU-Kommissarin Bulc denkt über ein streckenbezogenes Maut-Modell für ganz Europa nach. Das schlägt auch Kay Nehm, Präsident des Deutschen Verkehrsgerichtstags, vor. Vielfahrer würden dann stärker zur Kasse gebeten als zum Beispiel Rentner mit einer jährlichen Fahrleistung von 5000 Kilometern.  Wer wenig oder zu verkehrsarmen Zeiten fährt, solle unter dem Strich finanziell entlastet werden.

Eine solche Maut könnte zudem sozial gerecht gestaltet werden, indem die Fahrt zur Arbeit steuerlich stärker berücksichtigt würde. Die Maut in ihrer jetzt geplanten Form hält Nehm für "eine Verschwendung ministerieller Arbeits- und Gestaltungskraft".

Welche Kritik bringen die Länder vor?

Der Bundesrat als die Vertretung der Länder hat massive Zweifel an der geplanten Pkw-Maut geäußert, sei es, was die Vereinbarkeit mit dem Europarecht angeht, sei es die Höhe der Einnahmen oder der Datenschutz. Um Nachteile für Grenzregionen zu vermeiden, sollten auch Autobahnabschnitte bis zu 30 Kilometer ins Bundesgebiet hinein von der Mautpflicht auszunehmen sein.

Hier hat Verkehrsminister Dobrindt bereits Zugeständnisse machen müssen. So wird die Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesstraßen durch ausländische Autofahrer eingeführt und gleich wieder ausgesetzt.

Damit kommt Dobrindt Bundesländern wie Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen entgegen, wo Franzosen, Niederländer oder Belgier weiter unbelastet auf beiden Seiten der Grenze einkaufen können sollen. Angetreten war Dobrindt mit der Idee, eine Maut für alle Straßen durchzusetzen. Strittig, ob der Bundesrat der Pkw-Maut zustimmen muss. Die Bundesregierung ist nicht dieser Meinung.

Zusammengestellt von Ute Welty, tagesschau.de

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 27. März 2015 um 12:00 Uhr.