EU-Kommissar kritisiert Deutschland Oettinger für langsamere Energiewende

Stand: 17.12.2012 09:15 Uhr

Weniger Tempo, mehr Abstimmung mit den Nachbarn: EU-Kommissar Oettinger hat Berlin aufgefordert, die Energiewende zu überdenken. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz bedürfe jetzt einer Generalrevision, sagte Oettinger im ARD-Morgenmagazin. Derweil sorgen steigende Strompreise für weitere Debatten.

EU-Kommissar Günther Oettinger hat Deutschland aufgefordert, bei der Energiewende das Tempo zu drosseln und sich stärker mit den europäischen Nachbarn abzusprechen. "Der Ausbau muss mit Europa abgestimmt werden", betonte Oettinger im ARD-Morgenmagazin.

Oettinger sagte, man brauche in Deutschland "abgestimmt mit den europäischen Nachbarn" die Netze, die für den Transport erneuerbarer Energien nötig seien. Vielleicht brauche Deutschland eine Geschwindigkeitsbegrenzung, betonte Oettinger. Derzeit werde die Stromproduktion, die nicht grundlastfähig sei, nicht mit den Übertragungsnetzen und Speichermöglichkeiten abgestimmt. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz bedürfe jetzt einer Generalrevision, sagte Oettinger, "Strommengen sind nur dann sinnvoll, wenn man sie speichern oder transportieren kann". Deshalb müsse der weitere Aufbau von Sonnen- und Windstrom abgestimmt werden, betonte der EU-Kommissar.

Erhöhung des Strompreises bringt Steuermilliarden

Derweil sorgen die steigenden Strompreise für weiteres Aufsehen. Die Erhöhungen bringen dem Staat im kommenden Jahr nach Expertenangaben rund 3,4 Milliarden Euro zusätzliche Mehrwertsteuer ein. Den Wert errechnete der Energieexperte der CDU-Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung, Günter Reisner, wie die "Bild"-Zeitung berichtete. Demnach zahlten die rund 41 Millionen deutschen Haushalte 2013 mit der durchschnittlichen Preiserhöhung von 13 Prozent knapp 17,8 Milliarden Euro mehr für Strom. Darauf würden 3,4 Milliarden Euro Mehrwertsteuer fällig.

Den Berechnungen liege ein Gesamtjahresverbrauch in Deutschland von 607 Milliarden Kilowattstunden und ein Preis von 26 Cent pro Kilowattstunde zugrunde, heißt es in dem Bericht. Zudem sei die Befreiung der stromintensiven Industrie unter anderem von der EEG-Umlage und den Netzentgelten mit zehn Prozent am Gesamtverbrauch berücksichtigt. Reisner fordere, die zusätzliche Mehrwertsteuer in Höhe von 82 Euro pro Haushalt den Verbrauchern zu erstatten, um sie "bei der Energiewende mitzunehmen".

Geringverdiener spüren Förderkosten stärker

Die auf die Verbraucher umgelegten Förderkosten für die erneuerbaren Energien machen sich bei Geringverdienern stärker bemerkbar als in Haushalten von Spitzenverdienern. Das liege daran, dass sich der Verbrauch von Strom auch bei steigendem Einkommen kaum verändere, teilte das Institut der Deutschen Wirtschaft bei der Vorlage einer Analyse mit. Für die zehn Prozent der Haushalte mit den geringsten Einkommen mache die Förderung der erneuerbaren Energien 2013 etwa 1,3 Prozent des Einkommens aus. Für das am besten verdienende Zehntel der Bevölkerung liege dieser Anteil bei 0,2 Prozent.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler bekräftigte im Bericht aus Berlin seine Ansicht, dass nicht Ausnahmen für bestimmte Unternehmen für steigende Strompreise verantwortlich seien. "Die Ausnahmen machen nicht einmal ein Fünftel der jetzt aktuellen Strompreissteigerung aus. Der Hauptkostenteil ist die Förderung der erneuerbaren Energien." Die gesamte Förderung der erneuerbaren Energien liege derzeit bei 5,3 Cent pro Kilowattstunde. Dies müsse geändert werden. "Da brauchen wir ein marktwirtschaftliches System." Dieses würde alle Verbraucher entlasten, sagte der FDP-Politiker.

Zudem drohen laut "Spiegel" als Folge der Energiewende steigende Ticketpreise im öffentlichen Nahverkehr. Dies gehe aus einem internen Vermerk des Bundeswirtschaftsministeriums hervor, berichtet das Nachrichtenmagazin. Denn von der Zwangsumlage für die höheren Herstellungskosten von Ökostrom sollen nach dem Willen von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) künftig nur noch Unternehmen befreit werden, die im internationalen Wettbewerb stehen - also in der Regel nicht Verkehrsbetriebe. Entsprechend würden die Preise steigen, heißt es demnach in Koalitionskreisen.