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ARD-DeutschlandTrend Steinbrück bringt der SPD kein Glück

Stand: 08.11.2012 22:30 Uhr

Die Debatte um die Nebeneinkünfte von Peer Steinbrück hat der SPD merklich geschadet. Die Sozialdemokraten und ihr Kanzlerkandidat verlieren deutlich an Popularität. Die Union steigt dagegen in der Wählergunst. Eine absolute Mehrheit kann aber weder Schwarz-Gelb noch Rot-Grün verbuchen.

Von Jörg Schönenborn, WDR

Seit einem Monat ist Peer Steinbrück Kanzlerkandidat der SPD - Glück gebracht hat das weder ihm noch seiner Partei. Seine persönlichen Zustimmungswerte sinken, und der Abstand zwischen Union und SPD hat sich deutlich vergrößert. CDU/CSU klettern erneut um einen Punkt und erreichen die symbolisch wichtige Marke von 40 Prozent - einen Wert, den sie zuletzt im Dezember 2007 erreicht hatte und den der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer als Ziel für die nächste Bundestagswahl ins Gespräch gebracht hatte.

Die SPD hingegen gibt einen Punkt ab und steht nur noch bei 30 Prozent. Dabei profitiert die Union von einem schwachen Koalitionspartner. Ein großer Teil der FDP-Wähler des Jahres 2009 ist zu CDU und CSU abgewandert. So verharrt die FDP unverändert bei vier Prozent. Die Grünen hingegen können kräftig Kraft tanken, sie legen drei Punkte zu auf 14 Prozent. Die Linkspartei erreicht sechs Prozent (-1) und die Piraten unverändert vier Prozent.

Schwarz-Gelb und Rot-Grün bei 44 Prozent

Auch wenn der Abstand zwischen Union und SPD mit zehn Punkten ungewöhnlich groß ist, sind Schwarz-Gelb und Rot-Grün als "Lager" mit jeweils 44 Prozent genau gleich stark. Würde tatsächlich so gewählt, gäbe es weiterhin nur zwei Koalitionsoptionen: neben der großen Koalition verfügte dann auch Schwarz-Grün über eine satte Mehrheit.

Ein beherrschendes Thema in den letzten vier Wochen waren die umfangreichen Nebentätigkeiten und Honorareinnahmen des SPD-Kandidaten Peer Steinbrück. Nach eigenen Angaben hat er für Vorträge insgesamt über 1,2 Millionen Euro erhalten. Hinzu kommen Honorare für zwei Bücher, die auf einen hohen sechsstelligen Betrag geschätzt werden. Für die meisten Befragten sind diese Tatsachen an sich nicht das Problem. 56 Prozent erklären, sie fänden es grundsätzlich richtig, dass erfahrene Politiker ihre Gedanken auch in Büchern veröffentlichen oder bezahlte Vorträge halten. 43 Prozent sehen das nicht so. Trotzdem vermuten 67 Prozent, dass hier im konkreten Fall die Nebentätigkeiten Steinbrücks Position bei der Bundestagswahl schwächen. 31 Prozent erklären, für ihre persönliche Wahlentscheidung würden die Vorträge eine Rolle spielen.

Steinbrück verliert im direkten Vergleich

Vor allem aber fällt Steinbrück im direkten Vergleich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zurück. Im Falle einer theoretischen Direktwahl würden sich jetzt 53 Prozent für Merkel entscheiden (+4) und nur noch 36 Prozent für Steinbrück (-2).

Besonders deutlich verändert haben sich die Werte für beide Kandidaten auf dem Feld der sozialen Gerechtigkeit. Nur noch 35 Prozent vermuten, dass im Vergleich der beiden Steinbrück sich stärker dafür einsetze (-5), während Merkel nun auf 31 Prozent kommt (+7). Merkel gilt nun für 47 Prozent (+11) als die glaubwürdigere der beiden Kandidaten, Steinbrück schätzen nur 25 Prozent (-1) als glaubwürdiger ein.

Entsprechend sieht auch die Rangliste der beliebtesten Parteipolitiker aus. Stabil und ungefährdet führt Merkel mit 68 Prozent Zustimmung (+1) die Tabelle an. Knapp dahinter folgt ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble mit 65 Prozent (+1). Populärste Sozialdemokratin und Nummer drei der Rangliste ist nun NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft mit 58 Prozent (+3). Ihr folgen SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier mit 56 Prozent (+3), Verteidigungsminister Thomas de Maizière mit 55 Prozent (+-0). Und dann erst kommt Steinbrück mit 50 Prozent Zustimmung (-9).

Betreuungsgeld stößt auf Ablehnung

Die Entscheidungen des Koalitionsgipfels vom vergangenen Wochenende treffen ganz überwiegend auf Zustimmung, nützen aber in keiner Weise der schwächelnden FDP. Dabei bekommt die Abschaffung der Praxisgebühr von 10 Euro pro Quartal mit 88 Prozent den höchsten Zustimmungswert. Ähnlich gut kommen die Pläne an, älteren Arbeitnehmern mit wenig Rente einen Zuschlag zu gewähren, so dass sie mindestens auf dem Niveau der Grundsicherung liegen. 85 Prozent unterstützen diesen Plan. Auch die von der CSU eingebrachte Etatverstärkung für Verkehrsinvestitionen von 750 Millionen Euro wird mehrheitlich positiv bewertet (66 Prozent). Nur das Betreuungsgeld in Höhe von 100 bis 150 Euro pro Monat stößt auf Ablehnung. 59 Prozent sind dagegen, 39 Prozent dafür. Die Anhänger von CDU/CSU sind in dieser Frage gespalten – 51 Prozent dafür, 48 Prozent dagegen. Weitgehend einig sind sich die Deutschen, wenn es um den Plan der Bundesregierung geht, für 2014 den Bundeshaushalt "strukturell" auszugleichen, also in deutlich geringerem Umfang neue Schulden zu machen. 78 Prozent sind von einem Scheitern dieser Pläne überzeugt, nur 19 Prozent glauben, das werde gelingen.

Dass all diese Beschlüsse nicht auf das Wählerkonto der FDP einzahlen, hat mit grundsätzlicher und tief verwurzelter Enttäuschung über die Partei zu tun. Fast die Hälfte der FDP-Wähler des Jahres 2009 (45 Prozent) bedauert die damalige Wahlentscheidung. Nur 25 Prozent der FDP-Wähler sind mit der Arbeit ihrer Partei zufrieden. Ganz anders sieht es bei der Union aus: 87 Prozent der CDU/CSU-Wähler von 2009 finden ihre Entscheidung auch heute noch richtig.

Piraten und FDP müssen um Einzug in Bundestag fürchten

Ähnlich wie die FDP müssen auch die Piraten um ihre Chancen fürchten, 2013 in den Bundestag einzuziehen. Im Frühjahr hatten sie bundesweite Umfragewerte von bis zu elf Prozent erreicht. Damals waren 54 Prozent der Befragten überzeugt, die Piraten würden dafür sorgen, dass auch die Jüngeren "endlich mal was zu sagen haben". Heute ist der Wert auf 38 Prozent gesunken. Auch das Transparenz-Versprechen hat seine Anziehungskraft verloren. Im April glaubten 49 Prozent, die Piraten würden dafür sorgen, dass die Politik "offener und transparenter" wird, heute sind es noch 34 Prozent. Und mittlerweile erklären 66 Prozent der Befragten (+22), die Piraten seien "keine ernstzunehmende Partei". Keine guten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Wahlkampf zehn Monate vor der Bundestagswahl.

Untersuchungsanlage DeutschlandTrend

Grundgesamtheit: Wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland ab 18 Jahren
Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl / Randomstichprobe
Erhebungsverfahren: Computergestützte Telefoninterviews (CATI)

Fallzahl: 1.008 Befragte
Erhebungszeitraum: 20. bis 21. November 2012


Fehlertoleranz 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte
* bei einem Anteilswert von 5%, ** bei einem Anteilswert von 50%