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Expertengremium Nur schrittweise Rückkehr zur Normalität

Stand: 04.04.2020 21:43 Uhr

Ein Gremium aus 14 Experten hat Empfehlungen erarbeitet, wie Deutschland aus den Corona-Maßnahmen wieder herauskommen könnte. Die Ethikerin Christiane Woopen erklärte den tagesthemen, was darunter zu verstehen ist.

Die Ethikerin Christiane Woopen hat zusammen mit 13 anderen Experten unter der Leitung von Ifo-Präsident Clemens Fuest Kriterien erarbeitet, wie eine Rückkehr zur Normalität in Deutschland gestaltet werden könnte. Wichtigste Erkenntnis: Dies kann nur schrittweise erfolgen. "Sie muss sich nach unterschiedlichen Bereichen differenzieren, nach unterschiedlichen Personengruppen und vielleicht auch nach unterschiedlichen Regionen in unserem Land."

Insgesamt haben die Wissenschaftler vier Kriterien identifiziert:

  1. In welchen Bereichen ist die Gefahr einer Ansteckung hoch, in welchen ist sie niedrig. In den Bereichen, wo die Ansteckungsgefahr niedrig ist, kann man schneller öffnen.
  2. Für wen wäre eine Ansteckung besonders gefährlich, eine Erkrankung besonders schwer?
  3. Welche Bereiche sind für die Gesellschaft besonders wichtig? "Da haben Schulen und Universitäten eine andere Bedeutung als Nachtclubs", sagte Woopen.
  4. Wie gut lassen sich die Schutzmaßnahmen umsetzen? Können die empfohlenen Abstände zum Beispiel in Betrieben eingehalten werden, könnte bei der Arbeit eine Schutzmaske getragen werden?

"Auch an andere gefährdete Gruppen denken"

Wenn die weitere Ausbreitung der Infektion gestoppt sei, müsse über eine allmähliche Rücknahme der Maßnahmen geredet werden, denn: "Wir müssen auch an die Gruppen denken, die jetzt durch diese massiven Maßnahmen der Freiheitsbeschränkung in besonderer Gefährdung sind." Dies betreffe etwa von Missbrauch bedrohte Kinder, Suchtkranke oder suizidgefährdete Menschen.

Wann der richtige Zeitpunkt für eine Rückkehr zur Normalität gekommen sei, müsse die Politik entscheiden. Die bereitgestellten Kriterien sollten ihr dabei helfen. Aber, so Woopen weiter: "Wir müssen es jetzt aushalten, dass wir keinen genauen Fahrplan für das nächste halbe Jahr definieren können. Deshalb ist es von der Politik richtig zu sagen: Wir können im Moment nicht lockern, und wir können im Moment auch noch nicht sagen, wann was erfolgt." Die Politik könne sich aber vorbereiten, etwa indem sie Daten für zukünftige Entscheidungen sammle.

"Krise" bedeutet "Entscheidung"

"Krise" bedeute von der Wortherkunft "Entscheidung". Die Deutschen sollten sich entscheiden, gemeinsam durch diese Krise zu gehen und Solidarität mit den Schwachen zeigen. Und, so ergänzte Woopen, nicht zuletzt könne die Marktwirtschaft in Deutschland zeigen, "dass sie eine soziale Marktwirtschaft ist. Dass sie jetzt klar stellt, dass das Gemeinwohl über dem Gewinn steht - und vielleicht können wir davon sogar etwas in die Zukunft retten."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 04. April 2020 um 23:30 Uhr.