Bundesaußenminister Heiko Maas spricht bei einer Pressekonferenz

Maas zur Corona-Pandemie "Von nicht notwendigen Reisen raten wir ab"

Stand: 16.03.2020 08:06 Uhr

Bisher hatte die Bundesregierung nur von Reisen in besonders stark vom Coronavirus betroffene Länder abgeraten. Jetzt gilt die Empfehlung für alle Auslandsreisen. Ab heute früh sind auch die deutschen Grenzen weitgehend dicht.

Die Bundesregierung rät wegen der Corona-Pandemie von allen nicht notwendigen Reisen ins Ausland ab. "Das Risiko, dass Sie Ihre Rückreise aufgrund der zunehmenden Einschränkungen nicht mehr antreten können, ist in vielen Destinationen derzeit hoch", schrieb Bundesaußenminister Heiko Maas am Sonntagabend auf Twitter.

Auf der Internetseite des Auswärtigen Amts heißt es, es sei mit weiter zunehmenden drastischen Einschränkungen des Luft- und Reiseverkehrs, Quarantänemaßnahmen und der Einschränkung des öffentlichen Lebens in vielen Ländern zu rechnen. Änderungen der Einreise- und Quarantänevorschriften würden teilweise ohne jede Vorankündigung und mit sofortiger Wirkung erfolgen. Davon seien derzeit zahlreiche Reisende in mehreren Ländern betroffen und an der Weiter- oder Rückreise gehindert.

Bisher hatte das Auswärtige Amt wegen der rasanten Ausbreitung des Coronavirus nur von Reisen in besonders betroffene Länder wie Italien oder dem Iran abgeraten - eine Warnung gibt es bisher nur für die chinesische Region Hubei, von wo aus sich das Virus ausgebreitet hatte. Reisewarnungen werden nur bei einer akuten Gefahr für Leib und Leben ausgesprochen und sind daher selten. Sie können eine kostenfreie Stornierung von Reisen ermöglichen.

Auch Deutschland macht Grenzen dicht

Aus Sorge vor einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus hat nun auch Deutschland seine Grenzen weitgehend geschlossen. Seit dem Morgen werden die Übergänge zu Frankreich, Österreich, der Schweiz, Luxemburg und Dänemark kontrolliert. Die Dauer der Maßnahmen sei noch nicht absehbar, teilte Bundesinnenminister Horst Seehofer am Sonntagabend in einer Pressekonferenz mit. "Wir werden jetzt einmal beginnen und dann werden wir sehen, wie sich die Situation entwickelt und wie lange man so etwas beibehalten muss", sagte der CSU-Politiker.

Schleswig-Holstein riegelt außerdem von heute an seine Nord- und Ostseeinseln für Touristen ab. Die Bahn schränkt den Regionalverkehr ein.

"Nicht zwingende Reisen unterlassen"

Die Ausbreitung des Virus schreite aggressiv voran, die Lage sei sehr ernst, so Seehofer. Wichtig sei, die Infektionskette zu unterbrechen. "Darum müssen die Reisebewegungen eingeschränkt werden." Reisende ohne triftigen Grund dürften nicht ein- und ausreisen. Seehofer appellierte an alle, "nicht zwingende Reisen zu unterlassen". Die Schließung der Binnengrenzen richte sich nach den vom Robert Koch-Institut ausgewiesenen Risikogebieten.

An den Grenzen soll es verschärfte Kontrollen und auch Zurückweisungen geben. Bundespolizeipräsident Dieter Romann sagte, es werde "ausreichend" Personal zur Durchsetzung bereitstehen. Die Beamten seien bereits auf dem Weg.

Ausnahmen für Pendler und Warenverkehr

Deutsche Staatsbürger dürften aus den Nachbarländern selbstverständlich einreisen, versicherte Seehofer. Berufspendler sollen einen Passierschein vom Land und Arbeitgeber bekommen. "Wir verbieten ja nicht die Berufstätigkeit." Staatssekretär Hans-Georg Engelke betonte auf die Frage, was die Regelung für in Deutschland lebende Ausländer bedeute, Menschen mit Aufenthaltstiteln hätten das Recht, in Deutschland zu sein. Auch der Warenverkehr darf passieren. "Wir haben ein großes Interesse daran, dass der Warenverkehr funktioniert", so Seehofer.

EU arbeitet an europäischer Lösung

Im gemeinsamen Schengen-Raum sind Grenzkontrollen eigentlich nicht vorgesehen, sondern nur als Ausnahme möglich. Die Corona-Krise ist sicherlich so eine Notsituation. Darauf wies auch Seehofer in der Pressekonferenz hin. Auch die EU-Kommission sei über den Schritt Deutschlands informiert. In Brüssel arbeitet man nach Seehofers Worten auch an einer europäischen Lösung. Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat für heute einen Vorschlag für einheitliche Kontrollmaßnahmen an den europäischen Grenzen angekündigt. Sie warnte: Gesundheitsschutz dürfe nicht dazu führen, dass wichtige Güter und Personal blockiert würden. "In diesem Moment der Krise ist es von äußerster Wichtigkeit, unseren gemeinsamen Binnenmarkt am Laufen zu halten."

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) versicherte am Abend im Bericht aus Berlin: "Es geht nicht um Grenzschließungen als generelles Mittel." Der freie Warenverkehr und wirtschaftliche Aktivitäten sollten nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. "Wir versuchen, die Einschränkungen so gering wie möglich zu halten."

Einschränkungen im Grenzverkehr können nach Auffassung der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer im Kampf gegen eine Ausbreitung des Coronavirus ein wichtiger Schritt sein. "Weltweit führt die Corona-Pandemie zu einschneidenden Maßnahmen, um die Bevölkerung am wirkungsvollsten zu schützen", sagte die SPD-Politikerin. Der Schutz der Menschen stehe im Vordergrund.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das ARD-Morgenmagazin am 16. März 2020 um 05:38 Uhr.