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#kurzerklärt

#kurzerklärt Warum versagt die Mietpreisbremse?

Stand: 01.09.2017 15:55 Uhr

Mieten steigen und steigen. Die Mietpreisbremse funktioniert nicht. Bei dieser Diagnose sind sich alle Parteien einig. Völlig uneins sind sie über Konsequenzen: Druck auf Vermieter erhöhen oder Mietpreisbremse

Menschen aus vier Millionen Haushalten in Deutschland ziehen jedes Jahr um. Vielen fällt es zunehmend schwer, bezahlbare Wohnungen zu finden. Nicht nur in den Metropolen, längst auch in mittelgroßen Städten.

2015 beschloss die Große Koalition deshalb eine Mietpreisbremse für Ballungsräume. Im vergangenen Jahr sind die Mieten jedoch weiter gestiegen. Im Durchschnitt um fünf Prozent. Studien zeigen: 40 bis 90 Prozent der Vermieter halten sich - je nach Region - nicht an das Gesetz. Strafen müssen sie nicht fürchten. Kritiker sagen, das sei ein Grund für das Versagen der Mietpreisbremse.

Es gibt etliche Ausnahmen im Gesetz

Eigentlich soll sie Menschen, die umziehen, vor zu hohen Mieten schützen. Denn eine Wohnung, die neu bezogen wird, darf laut Gesetz höchstens zehn Prozent mehr kosten als vergleichbare Wohnungen in der Gegend.

Doch es gibt zahlreiche Ausnahmen: Das Gesetz gilt nicht, wenn es bestimmte Renovierungen gab. Es gilt auch nicht, wenn eine Wohnung erstmals vermietet wird. Hinzu kommt: Was ein Vormieter für eine Wohnung bezahlt hat, darf ein Vermieter auch von Nachfolgern verlangen. Es gibt also eine Art Bestandsschutz für Mieten. Verbraucherschützer beklagen, es sei für Wohnungssuchende jedoch kaum herauszubekommen, wie viel Vormieter tatsächlich gezahlt hätten. Dadurch würde es Vermietern zu einfach gemacht, bei Mieten Gas zu geben, statt zu bremsen.

Justizminister Heiko Maas

Heiko Maas will nachbessern.

SPD will Offenlegungspflicht für Vermieter

"Die Mietpreisbremse würde noch breiter wirken, wenn wir einführen, was die Union bislang blockiert hat: eine Pflicht des Vermieters, die Vormiete offenzulegen", sagt Heiko Maas, Minister für Justiz und Verbraucherschutz. Und noch ein zweiter Punkt sei nötig: "Einen Anspruch des Mieters, die zu viel gezahlte Miete auch rückwirkend bis zum Vertragsschluss zurückzubekommen."

Grüne und Linke fordern, "Schlupflöcher abzuschaffen"

Das reicht den Grünen und der Linkspartei nicht. Sie kritisieren, das Gesetz sei "löchrig wie ein Schweizer Käse" (Grüne) und ein "Rohrkrepierer" (Die Linke). "Die Mietpreisbremse muss flächendeckend und unbefristet gelten und alle Ausnahmen, sowohl bei Neubau, Modernisierung als auch Möblierung, müssen konsequent gestrichen werden", erklärt Caren Lay, die stellvertretende Vorsitzende der Linken im Bundestag. "Mieterinnen und Mieter müssen ein Recht darauf haben, die Miete ihres Vorgängers zu erfahren, um erfolgreich klagen zu können. Vermieter, die gegen die Mietpreisbremse verstoßen, müssen bestraft werden. Die Mietpreisbremse ist das einzige Gesetz, bei dem bei Verstoß keine Strafen drohen."

Renate Künast spricht im Bundestag.

Renate Künast fordert, den Mietspiegel anders zu berechnen.

Auch Renate Künast, Vorsitzende des Ausschusses für Verbraucherschutz im Bundestag, fordert, "Schlupflöcher abzuschaffen". Ihre Partei, die Grünen, will ebenfalls eine Offenlegungspflicht für Vermieter. Ausnahmen für Modernisierungen sollen abgeschafft werden. Außerdem will die Partei die Grundlage anders berechnen, an der sich Mietsteigerungen orientieren. "Wir stellen den Mietspiegel neu auf, indem wir die ökologische Gebäudequalität berücksichtigen und einen längeren Zeitraum abbilden."

CDU/FDP in NRW will Mietpreisbremse abschaffen

Ganz anders sieht das die CDU. "Die Abschaffung der Ausnahmen für neu gebaute und umfassend modernisierte Wohnungen bei der Mietpreisbremse lehnen wir ab. Die Mietpreisbremse darf nicht zu einer Investitionsbremse werden. Ansonsten werden nicht genug neue Wohnungen gebaut und die Preise steigen weiter", sagt der Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, Jan-Marco Luczak.

Die Mietpreisbremse bekämpfe Symptome, nicht die Ursache steigender Mieten. Die CDU will vor allem durch steuerliche Erleichterungen für mehr neue Wohnungen sorgen - statt die Mietpreisbremse zu verschärfen. In NRW kündigte die CDU/FDP-Landesregierung an, die Mietpreisbremse abzuschaffen. Möglich wäre das, weil Landesregierungen einen angespannten Wohnungsmarkt feststellen müssen, damit die Mietpreisbremse angewandt werden kann.

FDP und AfD sind grundsätzlich gegen die Mietpreisbremse

Die FDP war immer gegen die Mietpreisbremse, nennt sie "ordnungspolitisch falsch". Auch die AfD lehnt sie als "planwirtschaftlichen Eingriff" ab.

Was tun gegen stetig steigende Mieten? Mietpreisbremse verschärfen oder abschaffen? Wer behauptet, am Ende wollten alle Parteien das Gleiche, liegt bei dieser Frage falsch.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das Nachtmagazin am 01. September 2017 um 01:05 Uhr.