Nostradamus auf einem Kupferstich aus dem 17. Jahrhundert
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Legenden im Netz Keine Prophezeiung der Corona-Pandemie

Stand: 01.04.2020 11:35 Uhr

Im Netz kursieren Behauptungen, wonach Nostradamus, ein US-Autor oder sogar die Simpsons die derzeitige Pandemie vorausgesagt hätten. Doch dafür gibt es keine Belege.

Über soziale Netzwerke wird verbreitet, der französische Arzt und Apotheker Nostradamus (1503-1566) habe die derzeitige Pandemie vorhergesagt. Er soll im Jahr 1551 prophezeit haben, es werde "ein Zwillingsjahr 2020 geben, aus dem eine Königin (Korona) aus dem Osten (China) kommen wird und die in der Dunkelheit der Nacht eine Pest auf einem Land verbreiten wird mit 7 Hügeln (Italien) und wird das Zwielicht der Menschen in Staub verwandeln, um die Welt zu zerstören". Es werde "das Ende der Weltwirtschaft sein, wie Sie es kennen".

Eine solche Vorhersage von Nostradamus sei nicht überliefert, stellt die Nachrichtenagentur dpa klar. Der Franzose Michel de Nostredame, Nostradamus genannt, ist für seine prophetischen Gedichte bekannt. Laut einem Brief an seinen Sohn sollen die Prophezeiungen bis ins Jahr 3797 reichen. Bis auf wenige Ausnahmen ist in den Versen aber nie ein Datum genannt, an dem die Ereignisse stattfinden sollen.

In seinen gesammelten Werken gibt es laut dpa keinen einzigen Text, der sich auf das Jahr 2020 bezieht. In der englischen Übersetzung der Texte sind die Wörter "Korona" oder "Corona", "Wirtschaft" (englisch: "economy") oder "Zwillingsjahr" ("twin year") gar nicht, "Hügel" und "Plage" lediglich in einem anderen Zusammenhang zu finden. Darüber hinaus verfasste Nostradamus seine Gedichte immer als Vierzeiler in Altfranzösisch. Auch in einer Übersetzung wäre der Vers nicht so lang wie der in den sozialen Medien geteilte Text.

Verschwörungstheorien zum Ursprung

Seit Wochen gibt es weitere Legenden, wonach die Pandemie prophezeit worden sei. Im Irak verbreitete ein politischer Kommentator die These, bei der Epidemie handele es sich um ein amerikanisch-jüdisches Komplott. Ziel sei es, die Weltbevölkerung zu dezimieren. Der Analyst begründete diesen Verdacht im Sender Al-Ayam mit dem Hinweis auf ein Buch des US-Autors Dean Koontz aus dem Jahr 1981. Darin habe Koontz den Ausbruch des Coronavirus prophezeit.

Tatsächlich hatte Koontz in seinem Roman "The Eyes of Darkness" über einen Virus mit dem Namen "Wuhan-400" geschrieben - und in Wuhan brach die Corona-Epidemie aus. Das war es aber auch mit den Ähnlichkeiten. So heißt das reale Virus Sars-CoV-2, hat eine Inkubationszeit von bis zu zwei Wochen und die Erkrankung COVID-19 endet bei schätzungsweise einem bis zwei Prozent der Infizierten tödlich. Virus "Wuhan-400" entgegen war in dem Buch von Koontz für jeden Infizierten tödlich - und zwar innerhalb kürzester Zeit.

Simpsons als Orakel der Neuzeit

Immer wieder wird zudem behauptet, in der US-Serie Die Simpsons seien historische Ereignisse, wie beispielsweise die Wahl von Donald Trump, vorhergesagt worden. Doch für einen Simpsons-Witz aus dem Jahr 2000 über eine Präsidentschaft Trumps benötigten die Macher keine hellseherischen Fähigkeiten, da Trump bereits 1999 eine Kampagne für sich als Präsidentschaftskandidat der "Reformpartei" vorgestellt hatte. Die Autoren der Simpsons machten sich also über diese Kampagne lustig - und sagten nicht Trumps Sieg als Kandidat der Republikaner 2016 vorher.

Auch den Ausbruch der Corona-Pandemie, wie derzeit oft behauptet, haben die Simpsons nicht prophezeit. Im Netz beziehen sich entsprechende Spekulationen auf eine Simpsons-Folge aus dem Jahr 1993, als die imaginäre "Osaka-Grippe" nach Springfield gelangt. Internet-Trolle nutzten diese Geschichte, um Mythen über eine "asiatische Verschwörung" gegen die USA zu verbreiten.

Karikaturenhafte Darstellung

Autoren der Simpsons distanzierten sich scharf von dieser Instrumentalisierung. Der Co-Autor der betreffenden Episode, Bill Oakley, sagte dem "Hollywood Reporter", dass er seit Jahren nicht mehr über die zuvor harmlose Episode nachgedacht habe. Er möge es überhaupt nicht, dass diese für schädliche Zwecke verwendet werde, sagte Oakley. "Die Vorstellung, dass jemand die Simpsons missbraucht, um das Coronavirus wie ein asiatisches Komplott erscheinen zu lassen, ist schrecklich." Er finde solche Versuche widerlich.

Oakley erklärte, die Idee der Episode basierte wohl vor allem auf der Hongkong-Grippe von 1968: "Es sollte absurd sein, dass jemand in eine Schachtel husten konnte und das Virus darin sechs bis acht Wochen überleben würde." So habe sich das Virus in der Simpsons-Folge wie eine Karikatur und äußerst unrealistisch verhalten. Tatsächlich ist in der Folge zu sehen, wie eine Wolke des Virus an einer roten Ampel hält, während eine andere Wolke mit grünem Licht die Straße überquert. Viele Simpsons-Geschichten erklärte Oakley, basierten auf Ereignissen, die in den 1960er-, 1970er- oder 1980er-Jahren passiert seien - "und von denen wir wussten".