Ein Kunde lädt seine Einkäufe aus einem bis zum Rand gefüllten Einkaufswagen in den Kofferraum seines Fahrzeugs.
#faktenfinder

Coronavirus Panikmache per WhatsApp

Stand: 18.03.2020 11:17 Uhr

Die Verunsicherung vieler Menschen angesichts der Corona-Pandemie führt zu massenhaften Gerüchten und gezielten Falschmeldungen. Es kursieren unter anderem Fake News, wonach Supermärkte schließen würden.

In sozialen Netzwerken verbreiten sich derzeit massenhaft Falschmeldungen und Gerüchte über die Corona-Pandemie. Insbesondere über Messenger-Dienste wie WhatsApp und Telegram werden Tausende Nachrichten mit irreführenden oder schlicht falschen Behauptungen weitergeleitet.

Die Fake News verunsichern offenkundig zahlreiche Menschen, der Redaktion liegen entsprechende Nachrichten vor. Unbekannte behaupten beispielsweise, am Montag würden die Supermärkte in Deutschland geschlossen beziehungsweise es gebe keine Lebensmittel mehr.

"Aus zuverlässiger Quelle"

In einer WhatsApp-Nachrichten behauptet ein Mann, er wisse aus "zuverlässiger Quelle", dass Supermärkte ab Montag nur noch zwei Stunden geöffnet hätten. Man solle diese Information unbedingt an Freunde und Bekannte weitergeben, damit man sich schnell vor bevorraten könne, bevor es nichts mehr gebe.

Solche Behauptungen sind falsch. So ist die Versorgung mit Lebensmitteln grundlegend gewährleistet. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner riet ausdrücklich von Hamsterkäufen ab. Dafür gebe es "keinen Anlass". Die Ministerin rief alle Bürger auf, ihre Vorräte "mit Bedacht, Augenmaß und umsichtig aufzustocken". Dann sei auch genügend für alle da. Unnötige Hamsterkäufe führten leider häufig dazu, "dass Lebensmittel letztlich in der Tonne landen". Wer dennoch zu viel gekauft habe, könne einwandfreie Waren zur Weitergabe an die Tafeln spenden.

Hamsterkäufe führen bisweilen zu leeren Regalen, so dass erst der Eindruck entsteht, es gebe zu wenig Waren. Der Virologe Christian Drosten warnte auf NDR Info ebenfalls davor, in Panik zu verfallen. Natürlich könne man noch einkaufen gehen, sagte er.

Supermärkte in Italien noch geöffnet

Zudem ist keine Schließung von Supermärkten geplant. Selbst in Italien, wo das öffentliche Leben fast komplett eingeschränkt wurde, sind weiterhin Supermärkte und Apotheken geöffnet. Zutreffend ist, dass sich Schlangen vor Läden gebildet haben, da die Kunden Abstand zueinander halten sollen.

Auch in Österreich und weiteren Staaten, in denen das öffentliche Leben stark eingeschränkt wurde, sind Supermärkte weiterhin offen. Auch dort kursierten Falschmeldungen, die Lebensmittelgeschäfte würden schließen.

Warnung vor Fake News

Das Bundesgesundheitsministerium warnte auf Twitter vor "Fake-News" in Bezug auf die Corona-Pandemie. So sei darüber spekuliert worden, dass das Ministerium zeitnah weitere Einschränkungen im öffentlichen Leben ankündigen werde. Diese Information sei falsch, schrieb das Ministerium. Allerdings sind mittlerweile weitere Einschränkungen verkündet worden.*

Falsche Versprechen

Falsch und gefährlich sind Behauptungen über angebliche Heilmittel gegen das Virus. Der ARD-faktenfinder hatte bereits über solche Fake News berichtet; so wurde in Indien behauptet, der Urin von Kühen helfe gegen Covid-19, in einigen afrikanischen Staaten hieß es, Knoblauch sei ein Heilmittel. All diese Behauptungen sind falsch. Genauso wie beispielsweise Alkohol oder besondere Atemtechniken nicht helfen.

Diskussion über Ibuprofen

Wissenschaftlich bislang nicht erwiesen sind Warnungen, die Einnahme beispielsweise von Ibuprofen führe zu einem besonders schweren Verlauf von Covid19. In einer vorliegenden WhatsApp-Nachricht beruft sich eine Frau dabei auf die Uni Wien, die dies bei "einigen Tests" herausgefunden habe. Die medizinische Universität in der österreichischen Hauptstadt dementiert dies aber ausdrücklich.

Allerdings gibt es nach Angaben des französischen Gesundheitsministers Hinweise, dass die Einnahme von Ibuprofen oder entzündungshemmenden Mitteln ein Faktor bei einen schweren Verlauf sein könnte. Betroffene sollten mögliche Alternativen mit ihrem Arzt besprechen.**

Wissenschaftliche Erkenntnisse brauchen Zeit

Fakt ist: Bislang gibt es kein Medikament gegen das Coronavirus. Zwar arbeiten Wissenschaftler weltweit mit Hochdruck an einer Entwicklung und es gibt auch durchaus positive Meldungen, dennoch wird es noch dauern, bis ein mögliches Gegenmittel so weit getestet wurde, dass es flächendeckend eingesetzt werden kann.

Welche Faktoren genau zu einem schweren Verlauf führen, ist ebenfalls nicht eindeutig geklärt. Wissenschaftler stufen ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen als Risikogruppen ein, bei denen es öfter schwere Verläufe gibt. Solche wissenschaftliche Forschung braucht Zeit, da Erkenntnisse genau überprüft werden, um deren Richtigkeit garantieren zu können. Wenn jemand behauptet, durch einige Tests sei etwas bewiesen worden, ist Skepsis angebracht.

Reales Problem

Die Verbreitung von Gerüchten ist ein reales und ernsthaftes Problem. Insbesondere in Krisenzeiten ist es wichtig, dass sich Menschen verantwortungsbewusst verhalten und gesicherten Informationen vertrauen, damit Maßnahmen, wie derzeit gegen die Ausbreitung des Virus, wirksam werden können.

Einige Tipps zur Eindämmung von Gerüchten und Fake News:

  • Wenn Sie Nachrichten erhalten oder lesen, denen zufolge bald alle Supermärkte geschlossen werden, oder die angebliche Heilmittel gegen die Krankheit Covid-19 versprechen, leiten Sie diese nicht einfach weiter.
  • Nehmen sie sich Zeit, um über die Behauptungen nachzudenken. Woher kommt diese Nachricht? Wer hat Ihnen diese geschickt? Und gibt es eine Quelle für die Behauptung? Damit ist gemeint: Wird auf einen Forscher oder einen seriösen Medienbericht verwiesen - oder handelt es sich um anonyme Quellen? In vorliegenden WhatsApp-Nachrichten berufen sich Absender auf angebliche Bekannte, die Kontakte zu hochrangigen Politikern hätten und "wirklich" Bescheid wüssten. Vertrauen Sie solchen Angaben nicht.
  • Falls in einer Meldung oder Nachricht eine Quelle angegeben wird, beispielsweise ein Medienbericht oder Aussagen eines Wissenschaftlers: Prüfen Sie, ob dort tatsächlich das steht, was behauptet wird. Oft basieren Gerüchte und Falschmeldungen auf Zitaten, die aus dem Kontext gerissen oder unvollständig wiedergegeben wurden. Oft steht in den jeweiligen Quellen sogar etwas vollkommen anderes.
  • Schauen Sie bei seriösen Medien, Behörden oder Ministerien, beispielsweise dem Gesundheitsministerium, ob es dort Informationen zu dem jeweiligen Thema gibt.
  • Sprechen Sie mit anderen Menschen über Ihre Fragen und Sorgen. Erkundigen Sie sich bei Freunden und Bekannten, was diese von den Behauptungen halten, fragen Sie Personen, die fachlich mit solchen Themen vertraut sind. Tauschen Sie sich generell mit anderen Menschen aus und gönnen sich auch einmal eine Pause von den Nachrichten über die Pandemie.

Verantwortung von allen

Genau wie bei den Maßnahmen gegen das Coronavirus muss auch bei der Eindämmung von Fake News jede und jeder durch verantwortungsbewusstes und besonnenes Handeln helfen, die derzeitige Krise nicht zu verschlimmern.

*Anmerkung der Redaktion: Der Hinweis auf folgende Einschränkungen wurde ergänzt.

**Anmerkung der Redaktion: Der Hinweis des französischen Gesundheitsministers wurde ergänzt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 14. März 2020 um 19:00 Uhr.