Ringen um Vorsitz der EU-Kommission Van Rompuy soll Top-Posten aushandeln

Stand: 28.05.2014 00:31 Uhr

Wer bekommt den EU-Chefposten? Parlament und mehrere Staats- und Regierungschefs geben EVP-Spitzenkandidat Juncker parteiübergreifend Rückendeckung. Doch gerade aus den eigenen Reihen kommt Widerstand. Jetzt soll EU-Ratspräsident Van Rompuy verhandeln.

Wer tritt die Nachfolge von EU-Kommissionschef José Manuel Barroso an? Beim Gipfeltreffen in Brüssel haben die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel in Brüssel EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy beauftragt, die Neubesetzung der Kommissionsspitze auszuhandeln. "Ich habe ein Mandat bekommen, um diese Verhandlungen zu führen", sagte Van Rompuy.

Merkel: "Juncker ist unser Spitzenkandidat"

Zuvor hatten mehrere Staats- und Regierungschefs der EU parteiübergreifend die Kandidatur von Jean-Claude Juncker für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten unterstützt. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte: "Jean-Claude Juncker ist unser Spitzenkandidat für das Amt des Kommissionspräsidenten." Sie wolle bis zur Sommerpause einen Entscheidung über den künftigen EU-Kommissionspräsidenten und weitere Brüsseler Personalien erreichen.

Die konservative EVP, die mit Juncker als Spitzenkandidat angetreten war, hatte bei der Europawahl am besten abgeschnitten. Das Vorschlagsrecht für den neuen Kommissionpräsidenten hat der EU-Rat - also die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Mitgliedsstaaten. Laut dem EU-Reformvertrag von Lissabon müssen sie bei ihrer Entscheidung das Ergebnis der Europawahl "berücksichtigen". Das Parlament muss den neuen Kommissionschef dann mit absoluter Mehrheit wählen.

"Eine breite Mehrheit finden"

"Wir wissen, dass keine Parteiengruppe alleine eine Mehrheit hat", so Merkel weiter. "Das heißt, es wird darum gehen, eine breite Mehrheit zu finden." Auch ihr österreichischer Kollege Werner Faymann, ein Sozialdemokrat, sprach sich deutlich für den Luxemburger Konservativen aus: "Jean-Claude Juncker ist für mich Kandidat für das Amt des Kommissionspräsidenten."

Aus einigen Ländern kommt aber Widerstand - unter anderem aus Großbritannien. Premierminister David Cameron, der zum konservativen Lager aber nicht zur EVP-Fraktion gehört, hatte mehrfach Bedenken gegen Juncker, aber auch gegen Schulz geäußert. Unmittelbar vor dem Sondertreffen hatte er mehrere EU-Regierungschefs in einem Telefonat davor gewarnt, sich vom Europaparlament in eine Richtung drängen zu lassen. Das Parlament hatte sich über Parteigrenzen hinweg klar für Juncker ausgesprochen.

"Ernennung von Spitzenkandidaten nicht unterstützt"

Auch Ungarns Regierungschef Viktor Orban, dessen Partei der EVP-Fraktion angehört, kündigte Widerstand an. "Es gibt aus unserer Sicht keinen Automatismus zwischen dem Wahlausgang und der Nominierung." Ebenso Schwedens liberaler Regierungschef Fredrik Reinfeldt: "Wir haben die Idee zur Ernennung von Spitzenkandidaten nicht unterstützt."

Zwar ist im Kreis der Staats- und Regierungschefs für die Nominierung eines Kandidaten keine Einstimmigkeit notwendig, aber zuvor hieß es stets, es solle ein Konsens gefunden werden, den etwa auch Cameron akzeptieren könne. Österreichs Bundeskanzler Faymann sagte dazu: "Ich glaube, man sollte versuchen, andere zu überzeugen, solange es geht, aber sich von ihnen nicht aufhalten lassen."

"Brüssel zu groß, zu rechthaberisch"

Zentrales Thema des Sondertreffens ist auch das starke Abschneiden von EU-feindlichen, rechtspopulistischen oder rechtsextreme Kräften bei der Europawahl. In Großbritannien wurde die europafeindliche UKIP stärkste Kraft, in Frankreich der rechtsextreme Front National (FN). "Wir brauchen eine Einstellung, die anerkennt, dass Brüssel zu groß, zu rechthaberisch und zu eingreifend geworden ist", meinte der britische Premier Cameron.

Der französische Staatschef François Hollande sagte: "Wenn Frankreich so gewählt hat, mit einem von vier Wählern für die extreme Rechte (...), ja, dann gibt es ein Problem." Beide forderten eine Neuausrichtung der EU. Hollande sagte: "Die Hauptforderung ist, dass es mehr Wachstum, mehr Arbeit und somit eine Neuausrichtung der europäischen Konstruktion gibt."