LuxLeaks-Verfahren EU will Whistleblower besser schützen

Stand: 13.01.2017 16:50 Uhr

Sie decken Skandale und Steuerhinterziehung auf, aber werden dafür von der Justiz bestraft. Das darf nicht sein, kritisiert die EU-Kommission und fordert einen besseren Schutz für Whistleblower. Doch den blockieren Staaten wie Deutschland.

Antoine Deltour kann die Solidarität seiner Unterstützer vor dem Luxemburger Gericht gut gebrauchen: Denn erst am 15. März geben die Richter das Urteil im Revisionsverfahren gegen den LuxLeaks-Whistleblower und Raphael Halet, seinen ehemaligen Kollegen bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC), bekannt.

Strafe für Verrat

Verurteilt wurden sie im Juni wegen des Verrats von Berufs-und Geschäftsgeheimissen zu zwölf bzw. neun Monaten Haft. Ihre Anwälte verlangen Freispruch, weil die beiden Whistleblower den sogenannten LuxLeaks-Skandal transparent gemacht hatten. Sie deckten die Steuervermeidungs-Kooperation der Luxemburger Steuerbehörden mit Konzernen wie Apple, Ikea und Pepsi auf, die während der Regierungszeit von Premier Jean-Claude Juncker galt. Heute ist Juncker Präsident der EU-Kommission.

Doch die Luxemburger Staatsanwaltschaft besteht weiterhin auf einer Bewährungs- und Geldstrafe für Deltour. Sein Whistleblower-Kollege Halet soll am Ende des Revisionsverfahrens hingegen mit einer Geldbuße davonkommen.

EU-Kommission lobt Einsatz von Whistleblowern

Die Aktivitäten von Whistleblowern seien aus Sicht der EU-Kommission unverzichtbar, betont Kommissionsvizepräsident Jyrki Katainen. Whistleblowing, also das Aufdecken von Skandalen durch gezielten Verrat von Geheimnissen, ist nach Einschätzung von Junckers Kommissar Katainen Teil der normalen Rechtsstaatlichkeit in Europa. Allerdings noch nicht in ganz Europa, bedauert Katainen.

So sei zum Beispiel in Deutschland der Rechtsschutz für Whistleblower gleich null, kritisiert der grüne Europa-Abgeordnete Sven Giegold. Doch "Deutschland ist kein Einzelfall", sagt Giegold. Whistleblower fühlten sich in der Europäischen Union häufiger verfolgt als geschützt, kritisiert auch der SPD-Abgeordnete, Jens Geier, der Mitglied im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes ist. Der Ausschuss hat jetzt in einem Initiativbericht einen stärkeren Schutz für Whistleblower gefordert, wenn sie zum Beispiel über den Missbrauch von EU-Geldern informieren.

Anonyme Hinweisstelle gefordert

Bereits seit dem ersten Januar 2014 sind alle EU-Institutionen verpflichtet, Regeln zum Schutz von internen Informanten einzuführen. Der Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes geht noch einen Schritt weiter: Er fordert eine Anlaufstelle in der Europäischen Union, an die sich Hinweisgeber anonym wenden können.

Die Juncker-Kommission sei sehr dafür, Whistleblower zu schützen, beteuert Vizepräsident Katainen. Und zwar durch neue EU-weite Regelungen. Allerdings immer unter Berücksichtigung der nationalen Kompetenzen. Wie weit die EU-Kommission in diese Kompetenzen eingreifen dürfe, da sei man sich in Brüssel noch nicht sicher, dass müsse erst noch geprüft werden, so Katainen.

Arbeitgeber legt fest, was geheim ist

Deltour und Halet, die Enthüller des LuxLeaks-Skandals, können also nicht auf schnelle EU-Unterstützung hoffen. Zwar hat die Gemeinschaft den Schutz von Whistleblowern bereits verankert, zum Beispiel in den Richtlinien für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, bei der Finanzmarktaufsicht und in den neuen Richtlinien zur Regelung von Geschäftsgeheimnissen. Doch wenn der Whistleblower Vertraulichkeitsvereinbarungen unterschrieben hat, ist er nicht geschützt. Was geheim ist und was nicht, legt allein der Arbeitgeber fest, kritisiert Christian Humborg vom Recherchenetzwerk "Correctiv". Den Luxleaks-Enthüllern Deltour und Halet stehen also noch anstrengende Prozesstage bevor.

Ralph Sina, R. Sina, ARD Brüssel, 13.01.2017 15:40 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 24. Oktober 2017 um 23:05 Uhr.