Hintergrund

Ein Überblick Das US-Waffenrecht und die öffentliche Meinung

Stand: 21.12.2012 16:24 Uhr

In den USA wurde das Recht auf Waffen vor mehr als 220 Jahren im zweiten Zusatzartikel zur Verfassung verbrieft. Mittlerweile gibt es ein Durcheinander von mehr als 20.000 nationalen, einzelstaatlichen und kommunalen Vorschriften. Die juristische Lage und die öffentliche Meinung in den USA - ein Überblick.

Nach dem Massaker an einer Grundschule im Bundesstaat Connecticut wird in den USA über Waffengesetze diskutiert - mal wieder. Präsident Barack Obama fordert eine Verschärfung, doch eine Mehrheit dafür ist nicht absehbar. Die juristische Lage und die öffentliche Meinung - ein Überblick:

Das Recht auf Besitz und Tragen einer Waffe wird grundsätzlich vom zweiten Verfassungszusatz (Second Amendment) geregelt. "Da eine gut organisierte Miliz für die Sicherheit eines freien Staates erforderlich ist, darf das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden", heißt es dort. Vor 220 Jahren wurde dieser Zusatz verbrieft.

Lange Zeit war umstritten, ob er sich auf ein Recht des Bürgers oder auf die Bildung von Milizen und Bürgerwehren bezieht, aus denen inzwischen die Nationalgarden der Bundesstaaten hervorgegangen sind.

Neues Urteil oder Verfassungsänderung

Der Supreme Court, das Oberste US-Gericht, entschied ab 2008 in mehreren Urteilen, dass der Artikel sich auf ein grundsätzliches Recht des Bürgers bezieht. Das US-Waffenrecht ist von Bundesstaat zu Bundesstaat verschieden. Entwickelt hat sich ein Durcheinander von mehr als 20.000 nationalen, einzelstaatlichen und kommunalen Vorschriften.

Um deutlich strengere Waffengesetze einzuführen, müsste der Supreme Court in einem neuen Urteil seine Meinung ändern. Die andere Möglichkeit: Der Kongress ändert die Verfassung. Eine Mehrheit dafür ist nicht absehbar. Der Präsident hat kaum eine Handhabe.

Die öffentliche Meinung ist geteilt. In einer Umfrage des Pew-Institutes im Juli 2012 - nach dem Massaker in einem Kino in Colorado - verlangten 47 Prozent strengere Gesetze, während 46 Prozent sich für das Recht auf den Besitz einer Schusswaffe aussprachen. US-Politiker neigen inzwischen dazu, das Thema zu vermeiden. Im Wahlkampf spielte es keine Rolle.

Debatte in drei Phasen

Nach Schießereien mit vielen Toten gab es in den vergangenen Jahren gewöhnlich eine Debatte, die grob drei Phasen umfasste: Unmittelbar nach der Katastrophe zeigt sich die Nation betroffen, dann liefern sich Befürworter und Gegner von schärferen Waffengesetzen ein Wortgefecht. Schließlich ebbt die Diskussion wieder ab - ohne größere Änderungen am Waffenrecht.

Die üblichen Verdächtigen der Waffen-Debatte brachten sich nach dem Massaker von Newtown bereits in Stellung. Die Nichtregierungsorganisation Brady Campaign, die sich für schärfere Waffengesetze einsetzt, erklärte, dass eine Reform "lange überfällig" sei.

Die mächtige Waffenlobby der National Rifle Association (NRA), die Waffen im Haushalt zur kulturellen Eigenheit der USA überhöht und jede Reform als Angriff auf bürgerliche Freiheiten brandmarkt, hält sich derzeit noch bedeckt. Dafür äußerte sich auf dem erzkonservativen TV-Sender Fox News der frühere republikanische Präsidentschaftsbewerber Mike Huckabee. Mit strengeren Gesetzen lasse sich ein derartiges Blutbad nicht verhindern, sagte er. Stattdessen brachte er als Rezept mehr Gott und Religion in den Schulen ins Gespräch.