Die Flagge der UN weht vor dem Gebäude der Vereinten Nationen in New York

75 Jahre Vereinte Nationen "Unvernunft macht sie notwendig"

Stand: 26.06.2020 13:07 Uhr

Das Ziel ist der Weltfrieden. Deshalb wurden vor 75 Jahren die Vereinten Nationen gegründet. Doch viele Krisen und Völkermorde konnten sie nicht verhindern, auch den Krieg in Syrien nicht.

Symbolischer konnte der Ort gar nicht sein: In einer Gedenkhalle für Kriegsveteranen rief der damalige US-Präsident Harry S. Truman in San Francisco den Vertretern der Gründungsnationen der Vereinten Nationen zu: "Ihr sollt die Architekten einer besseren Welt werden, in euren Händen liegt unsere Zukunft.“

Am 26. Juni 1945 - der Zweite Weltkrieg im Pazifik war noch gar nicht beendet - unterzeichneten 50 Länder die Charta der Vereinten Nationen. "Dieselbe Charta, deren Werte es ermöglicht haben, die Geißel des Dritten Weltkriegs zu verhindern, den viele befürchtet haben“, sagt der heutige UN-Generalsekretär Antonio Guterres.

Gründungsmitglieder der UN

Die 50 Gründungsmitglieder der UN 1945 in San Francisco

Schon einer seiner berühmten Vorgänger, Dag Hammarskjöld, UN-Chef von 1953 bis 1961, hatte betont, die Vereinten Nationen seien nicht gegründet worden, um uns den Himmel zu bringen, sondern uns vor der Hölle zu bewahren.

Deutschland hilft dabei übrigens erst seit 1973 mit. Der Grundlagenvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR schaffte die Voraussetzung dafür. Willy Brandt redete als erster Bundeskanzler vor den Vereinten Nationen in New York.
"Die Fähigkeit des Menschen zur Vernunft hat die Vereinten Nationen möglich gemacht. Der Hang des Menschen zur Unvernunft macht sie notwendig.“

Wutreden und wirre Auftritte

Eine Bilanz, die auch heute noch gültig ist, 75 Jahre nach dem Aufbruch in eine neue Weltordnung. 75 Jahre, in denen in den Vereinten Nationen über Krieg und Frieden, Tod und Terror geredet wurde. Das 1951 fertiggestellte Hauptquartier am New Yorker East River wurde Schauplatz bemerkenswerter Auftritte von Staatenlenkern.

Etwa 1960, als der sowjetische Staats- und Parteichef Nikita Chruschtschow den Schuh auszog, um seiner Wut-Rede Nachdruck zu verleihen.

Nikita Chruschtschow

Der sowjetische Staatschef Nikita Chruschtschow hielt 1960 eine Wutrede.

Oder 2009, als der damalige libysche Staatschef Muammar al-Gaddafi nach einem wirren Auftritt einige Seiten der UN-Charta zerriss.

Legendär auch der Auftritt von Venezuelas Präsident Hugo Chavez vor der UN-Vollversammlung, als er US-Präsident George Bush als Teufel bezeichnete. Es rieche nach dessen Rede immer noch nach Schwefel im Saal.

Langwierige diplomatische Geschäfte

Das sind die Momente, in denen die Vereinten Nationen Schlagzeilen machen. Sonst ist das diplomatische Geschäft in New York langwierig - manche sagen langweilig. Aber auch effektiv: Dass aus dem Kalten Krieg kein Dritter Weltkrieg wurde, ist auch den Vereinten Nationen zu verdanken.

Doch es gibt auch dunkle Kapitel: "Das schlimmste Kapitel ist vielleicht, Mitte der 1990er-Jahre den Völkermord in Ruanda nicht verhindert zu haben", sagt der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan. Auch das Massaker von Srebrenica gehört dazu. Und heute die Hilflosigkeit der Staatengemeinschaft beim Bürgerkrieg in Syrien.

Willy Brandt spricht im Jahr 1973 vor der UN

Willy Brandt spricht im Jahr 1973 als erster Deutscher vor den Vereinten Nationen.

Auch 75 Jahre nach der Geburtsstunde der Vereinten Nationen ist es noch ein weiter Weg zum Ziel, das einst Willy Brandt ausgab: "Der Sieg der Vernunft wird es sein, wenn eines Tages alle Staaten und Regionen in einer Weltnachbarschaft nach dem Prinzip der Vereinten Nationen zusammen leben und zusammen arbeiten."

Peter Mücke, Peter Mücke, ARD New York, 26.06.2020 07:10 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete B5 aktuell Hörfunk am 26. Juni 2020 um 12:36 Uhr.