Der überschwemmte Markusplatz in Venedig.

Schäden durch Hochwasser Angst um Venedigs Kulturschätze

Stand: 15.11.2019 21:39 Uhr

Erneut ist Venedig überflutet worden, vorübergehend wurde der Markusplatz gesperrt. Auch die Kunst leidet unter dem schweren Hochwasser - zahlreiche Kulturschätze und Kirchen wurden beschädigt.

Erneut ist Venedig überflutet worden, vorübergehend wurde der Markusplatz gesperrt. Auch die Kunst leidet unter dem schweren Hochwasser - zahlreiche Kulturschätze und Kirchen wurden beschädigt.

Von dem schweren Hochwasser in Venedig sind auch die unzähligen Kulturschätze in der Stadt in Mitleidenschaft gezogen worden. Kulturminister Dario Franceschini sprach bei einem Besuch in der unter Wasser stehenden Lagunenstadt von "enormen Schäden" am Kulturerbe. "Eine gewaltige Anstrengung des Staates und der ganzen italienischen Gesellschaft ist notwendig, um Venedig zu unterstützen." Franceschini rief zu Spenden für die Stadt auf, um dem "Welterbe Italiens und der Menschheit" zu helfen.

Nach seinen Angaben wurden mehr als 50 Kirchen beschädigt. Auch der Markusdom - eines der wichtigsten Wahrzeichen der Stadt - habe Schäden abbekommen. "Die Krypta ist erneut mit Wasser vollgelaufen", sagte Franceschini laut italienischen Nachrichtenagenturen. Er postete ein Video, in dem der überflutete Boden zu sehen ist. Die Schäden seien allerdings "nicht irreparabel".

Vor allem das Salzwasser ist eine Gefahr für Denkmäler, für Marmor oder auch für Bücher. Wie hoch der gesamte Schaden ist, ist noch nicht bekannt

Markusplatz gesperrt

Der überschwemmte Markusplatz wurde vorübergehend gesperrt. "Ich bin gezwungen, den Platz zu schließen, um gesundheitliche Risiken für die Bürger zu vermeiden", erklärte Bürgermeister Luigi Brugnaro. Einwohner und Touristen rief er zur Vorsicht auf. Angesichts der massiven Hochwasserschäden richtete er ein Spendenkonto für seine Stadt ein und warb um finanzielle Unterstützung aus dem In- und Ausland. Die Sperrung des Markusplatzes sei "ein Desaster".

Am Vortag waren noch Touristen in Gummistiefeln durch das Wasser vor dem Markusdom gewatet. Nach einem Rückgang am Donnerstag stieg der Wasserpegel heute aber wieder an und erreichte am Mittag mit 1,54 Meter seinen Tageshöchststand. Vor allem starker Wind trug das Wasser wieder in die Stadt.

Schulen waren genauso wie der Dogenpalast und Behörden geschlossen. Der öffentliche Verkehr in der UNESCO-Welterbestadt wurde eingestellt, keine Wasserbusse fuhren mehr. Rund 70 Prozent der historischen Stadt seien überschwemmt, berichteten lokale Medien. Ein Hochstand wie zu Beginn der Woche wurde aber nicht erreicht.

Am Nachmittag konnte der Markusplatz wieder betreten werden. In den Cafés der Stadt tranken Menschen ihren Espresso, während sie zentimetertief im Wasser standen.

Der Dogenpalast spiegelt sich im Hochwasser auf dem Markusplatz.

Der Dogenpalast auf dem zeitweise gesperrten Markusplatz.

"Die Menschen haben alles verloren"

In der Nacht zu Mittwoch war das Wasser in Venedig auf den höchsten Stand seit mehr als 50 Jahren gestiegen. Es erreichte einen Pegel von 1,87 Meter. Nur einmal seit Beginn der Aufzeichnungen hatte es ein schlimmeres Hochwasser gegeben: 1966 lag der Pegel bei 1,94 Metern.

Bürgermeister Brugnaro erklärte, allein am Mittwoch seien Schäden in Höhe von einer Milliarde Euro entstanden. Die Schäden des "Acqua Alta" von heute seien noch nicht eingerechnet. "Die Menschen haben alles verloren", schrieb Brugnaro auf Twitter.

Die italienische Regierung hatte am Donnerstag wegen der Überschwemmungen den Notstand in Venedig verhängt. Das Hochwasser sei "ein Stich in das Herz unseres Landes", sagte Ministerpräsident Guiseppe Conte. Seine Regierung sagte 20 Millionen Euro "für die dringendsten Maßnahmen" in der Lagunenstadt zu. Privatleute sollen mit jeweils bis zu 5000 Euro für die Flutschäden entschädigt werden, Geschäftsleute mit bis zu 20.000 Euro.

UNESCO fordert besseren Schutz

Übernächste Woche soll zudem eine Sonderkommission über die "Probleme Venedigs" beraten, wie Conte ankündigte. Dabei soll es seinen Angaben zufolge auch um ein geplantes Anlegeverbot für große Kreuzfahrtschiffe und das umstrittene Hochwasserschutzsystem "Mose" gehen, das die Stadt mit ausfahrbaren Barrieren schützen soll. Es ist bereits seit 2003 im Bau, Bürokratie, Korruption und Skandale verzögern die Fertigstellung allerdings.

Angesichts des jüngsten Hochwassers meldete sich auch die UNESCO zu Wort. Sie forderte Venedig auf, das Hochwasserschutzprojekt voranzutreiben. Die Direktorin des Welterbezentrums der UN-Kulturorganisation in Paris, Mechtild Rössler, bot an, dafür Experten zu schicken. Venedig gehört seit 1987 zum Welterbe.

Laut Conte ist der Bau mittlerweile zu 93 Prozent abgeschlossen und "wahrscheinlich" im Frühjahr 2021 fertig. Zuletzt hatten Ingenieure entdeckt, dass Teile der Konstruktion verrostet waren.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 15. November 2019 um 21:45 Uhr.