Hintergrund

Vatikanstaat Der päpstliche Mikrokosmos

Stand: 11.02.2009 12:34 Uhr

Eine Apotheke, eine Post, ein paar Geschäfte - die rund 900 Einwohner des Vatikanstaats finden in ihrem Mikrokosmos alles, was sie zum Leben brauchen. Absolutes Staatsoberhaupt ist der Papst. So regeln es die Lateranverträge seit mehr als 80 Jahren.

Von Stefan Troendle, ARD-Hörfunkstudio Rom

Es ist der kleinste Staat der Welt, und offiziell heißt er "Staat der Vatikanstadt". So steht es auch auf dem Autokennzeichen des Papstes. "SCV" bedeutet "Stato della citta del Vaticano". Der Vatikan besitzt einen eigenständigen Status und völkerrechtliche Souveränität. Hinter den dicken vatikanischen Mauern rechts des Tiber gibt es unter anderem einen eigenen Bahnhof, eine eigene Feuerwehr, eine Post, eine Apotheke und ein paar Geschäfte. Es fehlen ein Krankenhaus und eine eigene Währung, dafür gibt es aber einen EC-Automaten mit Menüführung in lateinischer Sprache.

Der Vatikanstaat umfasst, grob gesagt, das Gebiet innerhalb der Mauern auf dem Mons Vaticanus in Rom, dem Vatikanhügel am rechten Tiberufer, sowie Petersdom und Petersplatz. Für die Sicherheit sorgen eine eigene Armee, die Schweizer Garde in ihren farbenprächtigen Uniformen sowie die Vigili, die päpstliche Gendarmerie. Einige Aufgaben auf öffentlich zugänglichem Gelände erledigt aber meist die italienische Polizei in Absprache. Handtaschendiebe auf dem Petersplatz werden also von Italiens Justiz verfolgt, mit dem Einverständnis des Papstes - denn er ist der Staatschef. Der Pontifex ist nicht nur geistliches, sondern auch weltliches Oberhaupt von etwa 450 der 740 Einwohner, die die vatikanische Staatsbürgerschaft besitzen.

Der Papst besitzt die absolute Macht

Der noch amtierende Josef Ratzinger ist zwar ursprünglich ein Deutscher, er gehört aber zu den wenigen Personen, die im Vatikan einen Wohnsitz unterhalten und deswegen auch die vatikanische Staatsbürgerschaft übertragen bekommen haben - inklusive Reisepass. Der Vatikan ist übrigens der letzte Staat in Europa, in dem das Staatsoberhaupt absolute Macht besitzt. Laut Artikel eins des Vatikan-Grundgesetzes verfügt der Papst nämlich über die gesetzgebende, ausführende und richterliche Gewalt.

Neben dem Staatsgebiet in Rom gibt es noch einige extraterritoriale Gebiete – wie zum Beispiel die drei Papstbasiliken, das Funkhaus von Radio Vatikan oder die päpstliche Sommerresidenz in Castel Gandolfo am Albaner See mit ihren Landgütern.

Zeit des "Kalten Krieges" endete vor 80 Jahren

Grundlage für den Vatikanstaat sind die Lateranverträge, die während des Pontifikats von Pius XI. geschlossen wurden. Vor rund 80 Jahren wurden sie von Italiens Diktator Mussolini und Kardinalstaatssekretär Gasparri (dem damaligen "Regierungschef" des Vatikans) unterzeichnet. Denn mit dem Einmarsch der italienischen Truppen 1870 endete die Zeit des Kirchenstaates, der unter anderem ganz Mittelitalien umfasste. Der Papst wurde mehr oder weniger im Vatikan eingesperrt. Es gab zwar ein Garantiegesetz, aber nie eine Anerkennung.

Dieser "Kalte Krieg" endete mit den Lateranverträgen. Italien und der Vatikan beschlossen ein Finanzabkommen mit einer Entschädigung von damals knapp zwei Milliarden Lire, ein Konkordat, das die Beziehungen zwischen Kirche und Staat regelte und eben auch die Gründung und Anerkennung des Vatikanstaates in seiner jetzigen Form.