EuGH in Luxemburg

Urteil des Europäischen Gerichtshofs Wenn Zeitungen ein bisschen wie Fernsehsender sind

Stand: 21.10.2015 14:44 Uhr

Oft veröffentlichen Zeitungen im Netz nicht nur Artikel, sondern auch kurze Videos. Unter bestimmten Voraussetzungen ähneln sie damit Fernsehsendern, so eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs. Das hat Folgen.

Von Anna K. Bernzen, ARD-Rechtsredaktion

In seinem Urteil befasst der Europäische Gerichtshof (EuGH) sich mit der Website der österreichischen "Tiroler Tageszeitung Online". Auf ihr war neben Presseartikeln auch eine Unterseite mit dem Titel "Videos" zu finden. Dort berichtete die Zeitung zum Beispiel über lokale Sportveranstaltungen. Die österreichischen Behörden sahen in dieser Unterseite einen sogenannten "audiovisuellen Mediendienst auf Abruf". Dagegen hatte die Zeitung geklagt. Weil solche Dienste in einer EU-Richtlinie geregelt sind, musste nun der EuGH entscheiden.

Anders als der Generalanwalt, der den Fall im Juli begutachtet hatte, waren die Richter der Ansicht, dass eine Video-Unterseite durchaus einen audiovisuellen Mediendienst auf Abruf darstellen kann. Schließlich stünden die Video-Seiten im Wettbewerb mit Fernsehsendern. Deshalb müssten sie rechtlich auch genauso behandelt werden. Doch der EuGH schränkte ein: Ein audiovisueller Mediendienst liege nur vor, wenn das Videoangebot "eigenständig" und nicht nur eine Ergänzung zu den Artikeln auf der Internetseite ist. Ob das der Fall ist, müsse für jede Online-Zeitung neu geprüft werden.

Strenge Regeln für Werbung

Betroffen sind von dem heutigen Urteil also nur solche Zeitungen, die auf ihrer Website eine eigene Video-Kategorie haben. Werden zum Beispiel unter einzelnen Artikeln passende Videos eingebunden, ist die heutige Entscheidung für die nicht relevant - auch nicht, wenn alle Videos noch einmal in einem Video-Archiv gesammelt werden.

Ist die Video-Unterseite aber ein eigenständiges Angebot und damit ein "audiovisueller Mediendienst auf Abruf", unterliegt ihr Betreiber strengen Regeln - besonders für die Werbung. Er muss dann zum Beispiel redaktionelle Inhalte und Werbung leicht erkennbar voneinander abgrenzen und darf grundsätzlich keine Schleichwerbung schalten.

Das Urteil setzt ein wichtiges Zeichen für die laufende Reform der heute geprüften Richtlinie. Diese schreibt Grundregeln für das Fernsehen und fernsehähnliche Dienste im Internet vor. Digitalkommissar Günther Oettinger will schon 2016 einen Entwurf für eine neue Richtlinie vorlegen. Orientiert er sich dabei an der Entscheidung des EuGH, könnten viele Videoangebote im Netz künftig strengeren Regeln unterliegen.