Rettungsschiff Aquarius bei der Rettung schiffbrüchiger Flüchtlinge im Mittelmeer

Flucht über das Mittelmeer UN fordern EU-Rettungseinsätze

Stand: 12.07.2019 12:56 Uhr

Die UN schlagen Alarm. Sie fordern die EU auf, ihre Flüchtlingspolitik zu ändern. Angesichts der Toten im Mittelmeer sollten die Staaten wieder Rettungsaktionen starten. Der Deal mit Libyen sei keine Option.

Die Vereinten Nationen haben erneut an die europäischen Regierungen dringend appelliert, ihre Verantwortung in der Flüchtlingspolitik im Mittelmeer wahrzunehmen. Statt über die Verteilung von geretteten Migranten zu streiten und Schiffen mit Flüchtlingen tagelang die Hafeneinfahrt zu verweigern, sollten sie vielmehr wie früher staatliche Rettungseinsätze starten.

Das verlangten der Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR), Filippo Grandi, und der Chef der Organisation für Migration (IOM), Antonio Vitorino, in einer Erklärung in Genf. Zudem seien dringend mehr Aufnahmeplätze für in Libyen Gestrandete nötig.

"Hilfsorganisationen dürfen nicht bestraft werden"

"In der Vergangenheit haben staatliche europäische Schiffe bei Such- und Rettungsaktionen Tausende Leben gerettet, auch, indem sie die Menschen sicher ans Land brachten. Sie sollten diese wichtige Arbeit wieder aufnehmen", sagten Grandi und Vitorino. Hilfsorganisationen dürften nicht wegen der Rettung von Menschen bestraft und Handelsschiffe nicht angewiesen werden, die Menschen nach Libyen zurückzubringen.

Migranten, die auf dem Mittelmeer gerettet werden, sollten nicht mehr nach Libyen zurückgeführt werden. Libyen sei ein gefährliches Pflaster. Eine Tragödie wie der Tod von mehr als 50 Migranten, die vergangene Woche bei einem Raketeneinschlag im Internierungslager Tadschura östlich von Tripolis umkamen, dürfe sich nie wiederholen. Die Gegend ist seit Beginn der Offensive von General Chalifa Haftar, der die Regierung in der Hauptstadt stürzen will, heftig umkämpft.

682 Menschen starben auf der Flucht

Mit ihrem neuen Appell verurteilten die UN-Chefs direkt die italienische und die EU-Politik. Die Regierung in Rom hat gerade angekündigt, dass sie die von der EU unterstützte Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache ausbauen will. Die Italiener wollen die Küstenwache noch besser ausbilden und ihr Material zur Verfügung stellen, damit sie Bootsflüchtlinge auf dem Weg nach Europa im Mittelmeer abfängt und in das Bürgerkriegsland zurückbringt.

Von Januar bis zum 12. Juli sind nach Angaben der IOM im Mittelmeer nachweislich 682 Migranten ums Leben gekommen, 426 auf der Route nach Europa von Libyen aus. Erst in der vergangenen Woche war ein libysches Flüchtlingsboot vor der Küste Tunesien gekentert. Von den 86 Menschen an Bord konnten bisher nur drei gerettet werden. 68 wurden bis Donnerstag tot geborgen.

800.000 sitzen in Libyen fest

Nach Angaben von UNHCR und IOM halten sich in Libyen rund 50.000 registrierte Flüchtlinge und Asylsuchende auf, ebenso wie 800.000 weitere Migranten. Flüchtlinge sind nach UN-Definition Menschen, die vor Gewalt oder Verfolgung flüchten, andere Migranten suchen ein besseres Leben im Ausland. Alle diese Menschen müssten besser davor geschützt werden, in die Hände von Menschenschmugglern zu fallen, verlangten Grandi und Vitorino.

Dietrich Karl Mäurer, Dietrich Karl Mäurer, ARD Zürich, 12.07.2019 16:00 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 12. Juli 2019 um 13:00 Uhr.