Gewalteskalation in der Ostukraine Putin spricht von "NATO-Fremdenlegion"

Stand: 26.01.2015 22:54 Uhr

Nach dem Raketenangriff auf die ostukrainische Stadt Mariupol wächst der Druck auf Russland. Die OSZE schrieb den Angriff pro-russischen Separatisten zu. Kanzlerin Merkel forderte, der Kreml müsse auf die Separatisten einwirken. Nun reagierte Präsident Putin: Er wies auf die NATO.

Die Aussage der OSZE zum Raketenangriff mit 30 Toten in der ostukrainischen Hafenstadt war deutlich: Nach einer Untersuchung kam sie zu der Einschätzung, dass die Raketen aus dem Gebiet abgeschossen wurden, das pro-russische Separatisten halten. Der für politische Angelegenheiten zuständige stellvertretende UN-Generalsekretär Jeffrey Feltman warf den Separatisten Kriegsverbrechen vor.

Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte Russlands Präsident Wladimir Putin daraufhin in einem Telefongespräch auf, seinen Einfluss auf die Separatisten in der Ostukraine zu nutzen, um auf eine Einstellung der Kämpfe hinzuwirken. Zugleich erwähnte sie die Möglichkeit schärferer Sanktionen gegen Russland.

Putin: "Sie wollen Russland geopolitisch eindämmen"

Die russische Führung reagierte nun mit neuen Vorwürfen gegen die ukrainische Regierung und gegen die NATO. Vor Studenten in Sankt Petersburg sagte Russlands Präsident Wladimir Putin, die Regierung in Kiew wolle den Konflikt nicht friedlich lösen. Die Waffenruhe sei nur zur Neuaufstellung der Streitkräfte genutzt worden.

Zudem bezeichnete Putin die ukrainische Armee als Fremdenlegion der NATO: "Wir sagen oft ukrainische Armee. Aber wer kämpft denn da eigentlich? Teilweise sind es offizielle Truppen. Es sind aber auch freiwillige nationalistischen Bataillone." Im Grunde genommen sei es keine Armee. "Das ist eine Fremdenlegion, und in diesem Fall eine NATO-Fremdenlegion, die aber nicht nationale Interessen der Ukraine verfolgt." Ihre Ziele seien andere: "Sie wollen Russland geopolitisch eindämmen. Das stimmt mit den nationalen Interessen des ukrainischen Volkes überhaupt nicht überein."

"Separatisten reagieren auf Angriffe"

Auch Russlands Außenminister Sergej Lawrow machte die Regierung der Ukraine für das Wiederaufflammen der Kämpfe in der Ostukraine verantwortlich. Die jüngsten Militäraktionen der Separatisten seien Reaktionen auf Angriffe der Regierungstruppen.

Lawrow appellierte an den Westen, die ukrainische Führung nicht noch in ihrem Vorgehen zu unterstützen, indem neue Sanktionen gegen Russland verhängt würden. Die Ukraine dürfe nicht den Eindruck gewinnen, dass sie für alles, was sie mache, automatisch die Unterstützung des Westens gegen Russland auslösen könne.

Separatistenführer Alexander Sachartschenko hatte am Freitag eine Offensive angekündigt und am Samstag nach dem Raketeneinschlag erklärt, es habe eine Offensive auf Mariupol begonnen. Später bestritt er wiederum, einen Angriff auf die strategisch wichtige Industriestadt angeordnet zu haben.

NATO weist Vorwürfe umgehend zurück

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg wies Putins Worte umgehend zurück. Der Vorwurf einer NATO-Fremdenlegion in der Ukraine sei Unsinn. "Die ausländischen Truppen in der Ukraine sind russisch." Moskau habe in den vergangenen Wochen Hunderte Ausrüstungsgegenstände an die Gegner der Regierung in Kiew geliefert, darunter Raketensysteme, gepanzerte Fahrzeuge und schwere Artillerie, sagte Stoltenberg. "Wir fordern Russland auf, seine Unterstützung für die Separatisten sofort zu beenden."

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier präzisierte zum Thema Sanktionen: Viel hänge von der Entwicklung bis zum Treffen der EU-Außenminister am Donnerstag ab. Niemand sei "blind ehrgeizig, sich in Brüssel zu treffen, um Sanktionen zu verhängen", sagte er nach einem Treffen mit seinem lettischen Kollegen Edgars Rinkevics in Berlin. Ziel sei vielmehr, "dass die Kampfhandlungen endlich beendet werden, dass eine Waffenruhe tatsächlich eingehalten wird". "Ein Angriff oder gar eine Offensive" in Richtung Mariupol und darüber hinaus wäre aber "eine qualitative Veränderung der Situation, die uns auch reagieren lassen muss", warnte Steinmeier.