Zugang zum europäischen Binnenmarkt EU hebt Zollschranken für Kiew auf

Stand: 11.03.2014 20:40 Uhr

Die Ukraine soll nach den Vorstellungen der EU-Kommission ab Juni einen weitgehend zollfreien Zugang zum EU-Binnenmarkt bekommen. Damit wird ein Teil des geplanten Handelsabkommens vorgezogen. Gegen Russland plant die EU weitere Sanktionen.

Die EU-Kommission will der Ukraine bereits vor der Unterzeichnung eines Freihandelsabkommens Zollerleichterungen in Millionenhöhe anbieten. Das kündigten EU-Kommissionschef José Manuel Barroso und EU-Handelskommissar Karel De Gucht in Straßburg an.

"Wir schlagen einseitige Handelserleichterungen vor, von denen die Ukraine wesentlich profitieren wird", sagte Barroso. Die ukrainische Wirtschaft würde davon jedes Jahr in einem Umfang von knapp 500 Millionen Euro profitieren. Eine Gegenleistung erwartet die EU demnach nicht für den Abbau der Handelsschranken.

De Gucht zufolge soll die Maßnahme im Juni in Kraft treten. Dafür müssen allerdings noch die EU-Staaten und das EU-Parlament zustimmen. Bis zum 1. November könne dann das ausgehandelte und vom gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch gestoppte Freihandelsabkommen unterzeichnet werden, so der Handelskommissar.

Die Zollerleichterungen waren ein Teil des auf Eis gelegten Abkommens. Die EU hatte in der vergangenen Woche angekündigt, der Ukraine wirtschaftlich zu helfen. Das Land ist nach eigenen Angaben vom Staatsbankrott bedroht.

Schärfere EU-Sanktionen gegen Russland

Gleichzeitig zeichnet sich eine weitere Verschärfung der EU-Sanktionen gegen Russland ab. Dem polnischen Regierungschef Donald Tusk zufolge will die EU bereits kommende Woche neue Sanktionen verhängen. Die Entscheidung sei de facto bereits gefallen, sagte Tusk in Warschau: "Die Konsequenz aus dem Treffen in Brüssel wird sein, dass ab Montag kommender Woche Sanktionen in Kraft treten."

Zuvor hatte bereits der französische Außenministers Laurent Fabius gesagt, eine Verschärfung der Sanktionen sei noch diese Woche denkbar, sollte die Regierung in Moskau in der Krim-Krise nicht einlenken. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich auf einen dreistufigen Fahrplan für Sanktionen geeinigt.

Fabius sagte dem Hörfunksender France International, das geplante Referendum auf der Krim sei nicht rechtens und eine Annexion der Krim durch Russland, das dort seine Schwarzmeerflotte stationiert hat, wäre illegal. "Das einzige rechtmäßige Votum ist die Wahl des Präsidenten der Republik Ukraine am 25. Mai", sagte Fabius.

Merkel: Russland hat Krim-Halbinsel annektiert

Bundeskanzlerin Angela Merkel warf Russland auf einer Sitzung der Unionsfraktion nach Angaben von Teilnehmern vor, die ukrainische Halbinsel Krim "geraubt" zu haben. "Man kann schon von Annexion sprechen", sagte die Kanzlerin demnach weiter. Dies dürfe man der russischen Führung nicht durchgehen lassen, Russland müssten auch Grenzen gesetzt werden.

Merkel reist am Mittwoch zu Gesprächen mit Polens Regierungschef Tusk nach Warschau. Neben europäischen Fragen soll es dabei auch um die Lage in der Ukraine gehen. Polen tritt für eine harte Reaktion gegenüber Russland ein.

Steinmeier kritisiert Unabhängigkeitserklärung der Krim

Auch bei der eintägigen Baltikum-Reise von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier stand die Krim-Krise im Mittelpunkt. In Estland, Lettland und Litauen besteht die Sorge, dass Moskau hier ebenfalls versuchen könnte, seinen Einflussbereich wieder auszudehnen. Steinmeier sicherte den Ländern die Solidarität Deutschlands zu.

"Wir lassen Estland und die baltischen Staaten nicht allein", sagte Steinmeier. Das sei kein Problem von Estland oder den baltischen Staaten: "Das ist ein gemeinsames Problem der EU und der Nato." Nach Treffen mit seinen estnischen und lettischen Amtskollegen äußerte der Außenminister Verständnis dafür, dass es im Baltikum ein "Gefühl der Bedrohung" gebe.

Steinmeier forderte Russland erneut auf, gemeinsam mit der neuen Regierung in der Ukraine in einer internationalen Kontaktgruppe mitzuarbeiten. Zudem kritisierte Steinmeier die Unabhängigkeitserklärung des Regionalparlaments auf der Krim als "Beitrag zur weiteren Zuspitzung" der Krise.#

Gespräch zwischen Kerry und Lawrow ohne Ergebnis

Ein Telefonat zwischen Russlands Außenminister Sergej Lawrow und seinem amerikanischen Kollegen John Kerry wurde anscheinend ohne greifbares Ergebnis beendet. Das Recht der Bewohner der Krim, selbst über ihre Zukunft zu bestimmen, müsse respektiert werden, teilte das russische Außenministerium im Anschluss an das Gespräch mit.

Die geplanten US-Kredithilfen für die Ukraine seien illegal, weil die Regierung in Kiew unrechtmäßig an die Macht gekommen sei, erklärte die Behörde in Moskau weiter. Die Verantwortlichen in Washington sollten über die Konsequenzen nachdenken, wenn sie radikale Elemente unterstützten. Die US-Regierung habe sich offenbar dazu entschieden, die Augen vor Extremisten mit Sympathien für Nazi-Ideologien zu verschließen.