Referendum zur EU-Zusammenarbeit Die Urangst der Dänen

Stand: 03.12.2015 03:11 Uhr

Nein zu Maastricht, nein zum Euro - und jetzt nein zu Europol? Die Dänen stimmen heute darüber ab, ob ihre Regierung künftig EU-Verordnungen ohne vorheriges Referendum übernehmen darf. Viele Bürger sind misstrauisch.

Die dänischen Parteichefs trommeln in einem Videoclip für das Referendum. "Ja" oder "Nein" ist die Frage. Das klingt einfach. Aber eine kurze Umfrage zeigt, viele Dänen wissen noch nicht so genau, um was es geht: "Ich weiß, dass wir über den Rechtsvorbehalt abstimmen, aber ich weiß nicht was das für mich bedeutet", sagt ein älterer Herr. Eine Frau meint zu wissen: "Wir sollen abstimmen, ob wir bei der EU Mitglied werden. Ich habe mich damit nicht so befasst, aber ich weiß genau wofür ich stimmen werde."

Zusammenarbeit mit Europol gefährdet

Um der EU nicht zu viel Macht zu geben, haben die Dänen vor Jahren Ausnahmen für sich ausgehandelt  - unter anderem in der Innen- und Justizpolitik. Doch eine dieser Ausnahmen gefährdet jetzt die weitere Zusammenarbeit mit der europäischen Polizeibehörde Europol - und damit die grenzüberschreitende Kriminalitätsbekämpfung.

Deshalb werben fast alle Parteien, Arbeitgeber und Gewerkschaften für ein "Ja" bei der Volksabstimmung. Das Parlament könnte dann über EU-Fragen entscheiden, ohne jedes Mal das Volk fragen zu müssen.

Ministerpräsident Rasmussen warb in einer Diskussion im dänischen Fernsehen nochmal eindringlich dafür: "Wir geben Souveränität ab", sagte der Regierungschef. Aber das sei wie beim Fußball: Man könne alleine spielen, mit eigenen Regeln. Wenn man jedoch im Team spiele, müsse man sich den Spielregeln unterwerfen. "Das ist aber immer noch besser als alleine zu spielen", so Rasmussen.

Angst vor einer Fremdbestimmung Dänemarks

Das "Nein"-Lager will genau das: Dänemark soll es weiter alleine machen, sich nicht von Brüssel reinquatschen lassen. Einer der Wortführer ist Morten Messerschmidt. Er sitzt für die rechtspopulistische Dänische Volkspartei im Europaparlament. Seine Partei ist in Kopenhagen die zweitstärkste Kraft und treibt die Minderheitsregierung von Rasmussen vor sich her. "Es wäre das letzte Mal, dass die Dänen gefragt werden, ob wir zum Beispiel Grenzkontrollen haben wollen, eine gemeinsame EU-Außenpolitik oder ein gemeinsames Strafrecht", sagte Messerschmidt. Er sei sich sicher, dass wenn die Dänen diese Konsequenzen eines "Jas" wüssten, sie mit einem "Nein" stimmten.

Den Kritikern geht es um mehr als Europol und die anderen gut 20 Regeln, die zur Entscheidung stehen. Damit sprechen sie eine Urangst der Dänen an: Dass ihr kleines Land fremdbestimmt wird. Dass zum Beispiel in Brüssel entschieden wird, wie viele Flüchtlinge da Dänemark aufnehmen soll.

Analysten sehen Lager der Gegner vorn

Einige Politikwissenschaftler halten deshalb ein "Nein" für wahrscheinlich. Die Gegner hätten es einfacher, ihr Lager zu mobilisieren.

Ein "Nein" Dänemarks zu Europa wäre nicht neu. 1992 lehnte eine Mehrheit den Vertrag von Maastricht ab. Im Jahr 2000 stimmten die Dänen gegen den Euro.

Umfragen sehen das "Ja"- und "Nein"-Lager bisher etwa gleich stark. Aber jeder Fünfte hat sich noch überhaupt nicht entschieden, wie er abstimmen wird. Die Nervosität unter Dänemarks Politikern ist hoch.