RN-Chefin Le Pen und Vlaams Belang-Politiker Gerolf Annemans nehmen am Rande der Pressekonferenz eine Selfie auf. Rechts von ihnen steht AfD-Chef Meuthen.

Neue Fraktion im Europaparlament Gebündelte Kräfte von Rechtsaußen

Stand: 13.06.2019 17:21 Uhr

Nun gibt es sie: die neue Fraktion der Rechtsaußen-Parteien im Europaparlament. Zwar ist sie bei weitem nicht so groß wie angestrebt. Doch ihre Mitglieder, darunter die AfD, starten mit einer Kampfansage.

Rechtsaußen-Parteien aus neun EU-Ländern haben im Europaparlament eine neue Fraktion gegründet. Sie schlossen sich zur "Identität und Demokratie" (ID) zusammen, die über 73 der 751 Sitze im neuen Parlament verfügt. Ihr Vorsitzender ist Marco Zanni von der italienischen Lega. Seine Stellvertreter sind AfD-Chef Jörg Meuthen und Nicolas Bay vom französischen Rassemblement National (RN).

"Stachel im Fleisch der Eurokraten"

Diese drei Parteien stellen zusammen auch einen Großteil der 73 Abgeordneten. ID tritt an die Stelle der bisherigen Rechtsgruppierung "Europa der Nationen und der Freiheit", die 36 Vertreter zählte. Der Zuwachs ergibt sich vor allem aus dem starken Abschneiden der Lega in Italien.

AfD-Chef Meuthen kündigte an, man werde im Parlament oft Nein sagen. "Wir sind hierher gekommen, um Stachel im Fleisch der Eurokraten zu sein." Vieles, was im EU-Parlament beschlossen werde, sei aber schlicht "Unfug". Er betonte aber zugleich, konstruktiv mitarbeiten zu wollen. Inhaltlich legte sich Meuthen gegen Sanktionen gegen Russland fest.

Neue Rechtsfraktion im Europaparlament
Partei Land Abgeordnete
Lega Italien 28
Rassemblement National Frankreich 22
AfD Deutschland 11
FPÖ Österreich 3
Vlaams Belang Belgien 3
PS ("Wahre Finnen") Finnland 2
Freiheit und direkte Demokratie Tschechien 2
Dänische Volkspartei Dänemark 1
Estnische Konservative Volkspartei Estland 1

"Schachbrett in der Europäischen Union verändert"

Zusammengefunden hatte sich die neue Fraktion vor allem auf Betreiben von RN-Chefin Marine Le Pen und Lega-Chef Matteo Salvini. Der Italiener hatte als Ziel ausgegeben, die nationalistische "Supergruppe" zur größten Fraktion im Europaparlament zu machen. Davon ist die ID-Fraktion allerdings weit entfernt, sie ist derzeit die fünftstärkste Gruppe.

RN-Chefin Le Pen gab sich trotzdem selbstbewusst. "Wir haben das politische Schachbrett in der Europäischen Union verändert", sagte sie. Es gehe nicht nur um Zahlen, sondern um Zusammenhalt. Alle national gesinnten Parteien hätten zusammen etwa 200 Stimmen.

PiS und Brexit-Partei erteilen ID eine Absage

Mehrere Parteien, die aufgrund ihrer nationalistischen bzw. populistischen Ausrichtung grundsätzlich potenzielle Partner wären, haben sich der ID bislang nicht angeschlossen: Nigel Farage, Gründer der Brexit-Partei in Großbritannien, erteilte der ID eine Absage, ohne Gründe dafür zu nennen.

Bei der polnischen PiS-Partei gilt die Russland-Nähe von AfD oder RN als Hauptgrund, nicht beizutreten. Andere, wie die niederländische Freiheitspartei von Geert Wilders, schnitten bei der Europawahl so schlecht ab, dass sie den Einzug ins Parlament verpassten.

Politiker der neuen Rechtsfraktion bei ihrer ersten gemeinsamen Pressekonferenz

Politiker der neuen Rechtsfraktion bei ihrer ersten gemeinsamen Pressekonferenz

Differenzen schon in der ersten Pressekonferenz

Doch auch bei den neun Parteien, die sich jetzt zusammengeschlossen haben, gibt es deutliche inhaltliche Differenzen. Das zeigte sich bei der ersten gemeinsamen Pressekonferenz beim Thema Haushaltsdisziplin.

Fraktionschef Zanni von der italienischen Lega legte Wert auf nationale Autonomie in der Finanzpolitik. "Es gibt unterschiedliche Visionen, wie man Wachstum schafft", sagte er. "Und für Wachstum in Europa als Ganzem muss den Mitgliedsstaaten Flexibilität gegeben werden." Italien verletzt aus Sicht der EU-Kommission Schuldenregeln und muss ein Strafverfahren fürchten.

Jussi Halla-Aho von der nationalistischen Finnen-Partei PS sagte indes, wolle man eine gemeinsame Währung, dann brauche man eine stärkere zentrale Haushaltsüberwachung. Er fügte hinzu: "Der andere Weg, dieses Problem zu lösen, ist die Auflösung der Gemeinschaftswährung und der Eurozone, zumindest so wie sie heute existiert."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 13. Juni 2019 um 13:25 Uhr.