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PwC, KPMG und Co. Architekten der Steuerschlupflöcher

Stand: 05.11.2017 18:59 Uhr

Die weltweit führenden Wirtschaftsprüfer tauchen bislang in nahezu jedem Leak auf, so auch in den "Paradise Papers". Sie sind die Architekten der Steuerschlupflöcher, die die Allgemeinheit Milliarden kosten.

Von Von Philipp Eckstein, Jan Lukas Strozyk und Benedikt Strunz, NDR

Beim Thema Steueroptimierung fallen schnell die Namen der vier großen Wirtschaftsprüferkanzleien: Ernst & Young, PricewaterhouseCoopers (PwC), Deloitte und KPMG. Die gemeinsam als "Big 4", die "großen Vier", bekannten Beraterfirmen waren in der Vergangenheit in zahlreiche Steuerskandale verwickelt. Die "Paradise Papers" zeigen einmal mehr, wie stark die Unternehmen als treibende Kraft an den Tricksereien der Offshore-Finanzindustrie beteiligt sind.

Privatjet auf dem Flughafen der Isle of Man

Auf der Isle of Man hilft Ernst & Young Jet-Eigentümern beim Steuern sparen.

Flugzeugtrick von Ernst & Young

So ist beispielsweise Ernst & Young ausweislich der Unterlagen maßgeblich an einem Steuertrick beteiligt, der es Flugzeugbesitzern erlaubt, ihre Privatjets steuerfrei in die Europäische Union einzuführen. Die Berater arbeiten eng mit Appleby und der Zollbehörde der Isle of Man zusammen.

Der Schaden, der EU-weit durch diesen Trick entstanden ist, könnte bis zu 250 Millionen Euro betragen - allein für die Konstruktionen, an denen Ernst & Young nachweislich beteiligt war. Die Firma bestreitet jegliches Fehlverhalten: Man biete keine Massen-Beratung an und halte sich an einen strengen Verhaltenskodex.

KPMG half Steuerhinterziehern

Auch KPMG betrieb auf der Isle of Man Geschäfte, die anderswo Löcher in die Steuerkassen reißen. Bereits im Frühjahr 2017 deckte CBC Kanada, einer der ICIJ-Medienpartner des NDR, auf, wie KPMG reichen Kanadiern dabei half, Steuern zu hinterziehen. Dafür setzten die Berater zahlreiche Briefkastenfirmen auf der Isle of Man auf und ließen sich dafür zum Teil bis zu 70.000 Euro pro Vorgang an Gebühren zahlen. KPMG bestreitet das und sagt, die Offshore-Strukturen seien im Einklang mit kanadischen Gesetzen.

Firmenschild im Keller

Deloitte taucht in den "Paradise Papers" unter anderem im Zusammenhang mit einer Hotelkette auf, die sie steuerlich berieten. Letztlich spart die Kette dadurch mutmaßlich mehr als eine Million Euro an Steuern in Deutschland. Dabei legen die Deloitte-Mitarbeiter besondere Kreativität an den Tag. Damit die Behörden die Briefkastenfirma auf der Isle of Man bei einer Prüfung anerkennen, die für das Schlupfloch notwendig ist, soll im Keller von Appleby an einer Tür ein Firmenschild mit dem Namen der Hotelkette angebracht werden, heißt es in den Unterlagen. So könne man stets behaupten, man habe dort Geschäftsräume. Deloitte erklärte, man könne den Sachverhalt aus Gründen der Vertraulichkeit nicht kommentieren.

Gebäude von Appleby auf der Isle of Man

Im Keller der Kanzlei Appleby sollte die Hotelkette ein Schild bekommen.

"Luxemburg Leaks" und "PanamaPapers"

PwC taucht in den "Paradise Papers" ebenfalls auf. Das Unternehmen war zuvor Ausgangspunkt einer ganzen Reihe von Berichten zur Steuervermeidung großer Konzerne. Im Jahr 2014 hatten Journalisten des ICIJ unter dem Schlagwort "Luxemburg Leaks" über hunderte Steuerabsprachen berichtet, die PwC im Auftrag von Unternehmen mit der Luxemburgischen Steuerverwaltung verhandelt hatte. Den Staatskassen in ganz Europa entgingen durch die Tricks von PwC mutmaßlich Einnahmen in Milliardenhöhe. Die Beraterfirma geriet massiv öffentlich in die Kritik. PwC erklärte damals, sich streng an das geltende Gesetz gehalten zu haben.

Geschadet hat der Skandal offenbar nicht. Im Vergleich zu der Zeit vor den Luxemburg-Leaks-Veröffentlichungen konnte das Unternehmen seine Erträge in Luxemburg im Jahr 2016 um knapp 40 Prozent auf mehr als 400 Millionen Euro steigern. PwC tauchte, wie auch die drei anderen großen Beraterfirmen, auch in den "PanamaPapers" als sogenannter Intermediary auf, also als Vermittler zwischen eigenen Kunden und der Offshore-Kanzlei Mossack Fonseca.

Experten kritisieren die Big 4 scharf

Die vier großen Gesellschaften haben das Beratungsgeschäft im Grunde unter sich aufgeteilt, in Deutschland ebenso wie weltweit. Allein hierzulande machten die Gesellschaften 2016 mehr als sechs Milliarden Euro Umsatz. Nahezu jedes börsennotierte Unternehmen wird von einer der großen vier Kanzleien beraten.

"Die Welt hat sich verändert, als die großen Beratungsfirmen anfingen, Steuerminimalisierung als Produkt zu verkaufen", sagte der ehemalige KPMG-Mitarbeiter Richard Murphy im Zusammenhang mit den" Luxemburg Leaks" im NDR-Interview. "Ohne die Big Four gäbe es keine Steueroasen in dieser Welt. Man muss das ganz deutlich sagen: Die Big 4 sind in jeder Steueroase dieser Welt aktiv." Murphy setzt sich heute für Steuergerechtigkeit ein.

Die "Big 4" sind regelmäßig auch beratend für Regierungen tätig. Die Bundesregierung vergibt ebenfalls immer wieder Aufträge an die Firmen. Wirtschaftsprofessor und Steuerexperte Prem Sikka von der Universität Essex sagte dazu im NDR-Gespräch: "Ich halte es für ironisch, dass die Steuervermeidungsindustrie von Steuergeldern bezahlt wird. Wenn Regierungen gegen diese Industrie vorgehen wollen, müssen sie ihr auch die Ressourcen entziehen. Die Grundregel muss sein, dass niemand, der an Steuervermeidung beteiligt ist, öffentliche Aufträge erhält."