Video mit EU-Kommissar Oettinger "Scherze" über Chinesen und Homoehe

Stand: 28.10.2016 22:00 Uhr

Netzaktivisten atmen auf: Der bei ihnen umstrittene EU-Digitalkommissar Oettinger wechselt ins Haushaltsressort. Just posteten User alte Anti-Oettinger-Scherze - und ein aktuelles Video. Darin scherzt Oettinger über Chinesen, die Homoehe und mehr.

Von Sebastian Schoebel, ARD-Studio Brüssel

Mit dem Internet stand Günther Oettinger eigentlich nie auf gutem Fuß - dabei ist er EU-Digitalkommissar. Doch mit der Gemeinde der Netzaktivisten lag er regelmäßig im Clinch. Bei der Netzneutralität, dem Urheberrecht, dem Leistungsschutzrecht: Überall ist ihnen der gebürtige Stuttgarter zu nah dran an den Unternehmen, die online auch Geld verdienen wollen - und zu weit weg vom Ideal des offenen unbegrenzten Internets für alle. Ein Mann des analogen Zeitalters für die digitale Revolution: Das passte ihnen einfach nicht.

Stoßseufzer im Netz

Als nun bekannt wurde, dass Oettinger neuer EU-Haushaltskommissar werden könnte, ging ein Stoßseufzer der Erleichterung durchs Netz. Viele teilten noch mal schnell das Bild von Oettinger mit einer schief sitzenden Virtual-Reality-Brille, der Dauerbrenner unter den Anti-Oettinger-Scherzen im Netz.

Doch dann mischte sich immer häufiger auch ein offenbar aktueller Videoclip unter die Einträge in den Sozialen Medien: Oettinger in Hamburg, bei einer Rede im Oktober. Da beschreibt er seine Liebe zur gedruckten Zeitung und meckert ein wenig altbacken: "Früher hatten alle eine Zeitung zur Hand. Heute bin ich der Einzige. Die Anderen: Köpfe runter, Display an, online unterwegs."

Ein Fall von Rassismus?

Typisch Oettinger, der alte Offliner, so der Ton vieler Kommentare. Doch das Video geht weiter - und Oettingers Sprache wird direkter. Beim Thema Zukunft Europas warnt der Digitalkommissar vor der politischen Schwächung der EU. Und nennt ein Beispiel: "Letzte Woche waren die chinesischen Minister bei uns, zum Jahresgipfel 'China-EU'. Neun Männer, eine Partei. Keine Demokratie, keine Frauenquote, keine Frau - folgerichtig." Und er fügt hinzu: "Alle: Anzug, Einreiher dunkelblau, alle Haare von links nach rechts mit schwarzer Schuhcreme gekämmt."

Für den YouTube-Nutzer "Sebas Travelling", der das Video hoch lud, ist das ein Fall von Rassismus. Im Kommentarfeld des Videos schreibt er, dass Oettinger zuvor bereits von Chinesen als "Schlitzaugen" gesprochen habe, weswegen er auch den Rest des Rede mit seinem Handy gefilmt habe. Das beleidigende Wort ist auf der Aufnahme nicht zu hören. 

Zu Altkanzler Schröder: Keine Frau mehr - aber Zeit

Wie die aneinandergereihten Ausschnitte auf YouTube zeigen, hatte Oettinger jedoch noch mehr zu sagen. Über Ex-Kanzler Gerhard Schröder zum Beispiel: Der habe ja nun Zeit, Vermittler im Fall Kaiser's Tengelmann zu werden. Die von ihm unterstützte Pipeline "Nord Stream 2" werde schließlich nicht gebaut, und die Frau sei ihm weggelaufen - in Anspielung an Schröders Trennung von seiner Frau Doris.

Auch Unionskollegen bekommen ihr Fett weg. CSU-Chef Horst Seehofer sei "ein Populist light" weil er die Mütterrente fordere - auf die Arbeitsministerin Andrea Nahles wohl mit der Rente ab 62 antworten werde, so Oettinger. Auf die dann die Rente mit 61, 60 folge, bis er selbst seinem Sohn empfehlen werde: "Mache nicht G8, oder G9 - mach G15. Danach langes Studium und danach wutsch in die Rente ohne einen Tag in der Arbeitswelt."

"Bald noch mit der Pflicht-Homoehe"

Oettinger machte klar: Was da gerade in Deutschland an Politik gemacht werde, davon passt ihm vieles nicht: Von der Rente, "die aber nicht kommen wird" bis zur Maut. "Bald noch mit der Pflicht-Homoehe, wenn sie eingeführt wird. Die deutsche Tagesordnung genügt meiner Erwartung an deutsche Verantwortung in keiner Form."

Vermutlich ist es da ganz gut, dass der deutsche EU-Kommissar nun bald einen neuen Job in Brüssel bekommen könnte. Sofern dem Digital-Kommissar dieses Internet-Video keinen Karriere-Stein in den Weg gelegt hat. Trotz mehrfacher Nachfrage des ARD-Hörfunks in Brüssel wollte das Büro von Günther Oettinger das Video am Abend nicht kommentieren.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 28. Oktober 2016 um 23:50 Uhr