Schlepper-Bekämpfung Die EU macht ernst im Mittelmeer

Stand: 07.10.2015 02:56 Uhr

Die EU startet ihren Militäreinsatz gegen Schleuser im Mittelmeer. Erstmals sollen nun Marineschiffe aktiv Jagd auf Schleuser machen. Die EU-Kräfte sollen Schiffe anhalten, durchsuchen und beschlagnahmen dürfen, wenn der Verdacht auf die Schleusung von Flüchtlingen besteht.

Da sage noch einer, die Europäische Union sei ein bürokratisches Monstrum: Was ihre Militär-Mission im Mittelmeer angeht, so hat die EU recht schnell eingesehen, dass sich ein klobiger Name wie "EU NAVFOR MED" - so hieß sie bislang - nicht gut einprägen würde in den Köpfen der Normalbürger.

Und hat sie der Mission daher jetzt den viel wohlklingenderen Namen "Sophia" verpasst: "Wir haben beschlossen, die Operation 'Sophia' zu taufen. Weil das der Name eines Babys ist, das an Bord eines unserer Schiffe geboren wurde, das zur Rettung von Menschenleben im Mittelmeer unterwegs ist. Unter den Geretteten war eine Frau, die dieses Kind zur Welt brachte", erklärte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini.

Freundlicher Name für harte Mission

"Sophia", das klingt nach "Wir haben ein Herz für Flüchtlinge" - ein Zweck der Mission ist ja in der Tat das Retten von Menschen in Seenot. Andererseits aber will Europa nun auch Härte gegen Schlepper demonstrieren. Und da hegt der eine oder andere EU-Staat durchaus Zweifel, ob die Benennung der Mission nach einem Flüchtlingsbaby wirklich optimal ist - zumal die Marineschiffe ab heute militärisch robuster vorgehen: Sie beschränken sich nicht mehr darauf, die Menschenschmuggler zu beobachten und ihre Routen auszukundschaften.

Jetzt startet Phase zwei der Mittelmeer-Mission. "Das macht es möglich, auf hoher See die Schiffe zu beschlagnahmen und die des Menschenschmuggels Verdächtigen der Justiz zu übergeben - damit die Kriminellen es schwerer haben, damit Geld zu verdienen", erklärt Mogherini. Sind Schlepper und Flüchtlinge erst von Bord, könne man ein Boot nicht einfach im Mittelmeer herumschwimmen lassen - man dürfe die dann durchaus auch versenken, heißt es aus EU-Kreisen. Auch wenn das Wort "Zerstören" so nicht in dem Beschluss zur Militärmission steht.

Zweifel am Nutzen der Militärmission

"Diese Schlepper sind ein Symptom der gescheiterten Flüchtlingspolitik der EU", kritisiert die Fraktionschefin der Grünen im EU-Parlament, Harms. Eine Militär-Mission gegen Menschen-Schmuggler helfe den Europäern bei dem Versuch, das Flüchtlings-Drama in den Griff zu bekommen, auch nicht weiter - kritisiert sie.

Andere warnen: Die Schlepper würden die Taktik der Militärs genau kennen. und seien längst dazu übergegangen, nicht mehr selbst an Bord von Flüchtlingsbooten zu gehen, sondern einen der Schutzsuchenden ans Steuer zu setzen. Was also, wenn es kaum mehr Kriminelle gibt, die sich im Mittelmeer aufgreifen ließen?

Zwei deutsche Schiffe im Einsatz

 "Wir müssen gegen diese mafiösen Schlepperbanden mit allen Mitteln vorgehen - und das heißt auch militärisch", meint trotz allem Manfred Weber, Chef der größten Fraktion im EU-Parlament, der auch CDU und CSU angehören. Um aktiv Jagd auf Schlepper zu machen, werden jetzt also sieben statt bislang vier Schiffe eingesetzt, darunter sind auch zwei deutsche. Auf der Fregatte "Schleswig-Holstein" übrigens kam das Flüchtlings-Baby "Sophia" zur Welt.

Unklar ist bislang, ob je die letzte Phase des Drei-Stufen-Plans der Mission das Licht der Welt erblicken wird. Das hieße dann: Schleuser auch in libyschen Hoheitsgewässern zu bekämpfen. Doch dafür wären entweder die Zustimmung des UN-Sicherheitsrats oder aber der libyschen Behörden nötig - soweit es letztere in dem Bürgerkriegsland überhaupt gibt. Davon ist man noch sehr weit entfernt. Dass der Name der Mission noch mal geändert würde, falls man doch Phase drei einläuten sollte, ist übrigens nicht zu erwarten.

   

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 07. Oktober 2015 um 06:20 Uhr auf NDR Info.