Geflüchtete auf der italienischen Insel Lampedusa

Flucht über das Mittelmeer Hilferuf aus Süditalien

Stand: 29.07.2020 09:22 Uhr

Auf den italienischen Mittelmeerinseln kommen wieder mehr Geflüchtete an. In den betroffenen Städten wächst der Unmut. Die Regierung will ein Quarantäneschiff in die Region schicken.

Auf den italienischen Mittelmeerinseln sind in den vergangenen Tagen Hunderte Menschen in Flüchtlingsbooten angekommen. Allein auf der Insel Lampedusa trafen am Montag und Dienstag nach Angaben des italienischen Innenministeriums 457 Geflüchtete ein. Damit kamen in diesem Jahr nach offiziellen Angaben bisher 12.533 Migranten nach Italien, im Vergleichszeitraum 2019 waren es knapp 3600 gewesen. Die Städte in Süditalien warnten, ihre Auffanglager seien überfüllt.

Am Montag waren unterschiedlichen Angaben zufolge etwa 500 Menschen aus einer Behelfsunterkunft am Hafen der sizilianischen Stadt Porto Empedocle geflohen. Demnach hielten sich dort zuletzt mehr als 500 Personen unter einem Zeltdach auf, das als Sonnenschutz für 100 Menschen konzipiert war. Laut Berichten spitzte sich die Lage zu, als mehr als 300 Migranten aus Lampedusa dorthin gesandt wurden.

Appell an Premier Conte

Die Bürgermeisterin von Porto Empedocle, Ida Carmina, richtete angesichts von unmenschlichen Bedingungen in dem Camp, unerträglicher Hitze und Enge einen Hilfsappell an Ministerpräsident Giuseppe Conte. Die Politikerin der in Rom mitregierenden Fünf-Sterne-Bewegung forderte mehr Solidarität von anderen Kommunen im Land. Sie sprach sich für Luftbrücken aus, die Menschen von der kleinen Insel Lampedusa auch in andere Gebiete bringen könnten.

Die Regierung plant, ein Quarantäneschiff im Hafen von Porto Empedocle vor Anker zu legen, um Aufnahmezentren zu entlasten. "In den nächsten Tagen" solle ein großes Schiff bereitstehen, auf dem Asylsuchende und illegal Eingewanderte in Quarantäne gehen können, heißt es in einer Erklärung des Innenministeriums. Bürgermeisterin Carmina lehnte das ab. Sie wolle kein "vor Porto Empedocle vor Anker gehendenes Quarantäneschiff mit 1000 Plätzen". Sie fürchtet Risiken für den in der Region wichtigen Tourismus.

EU koordiniert Verteilung

Etwa ein Drittel aller Migranten, die in diesem Jahr bislang Italien erreichten, stammen aus Tunesien. Angesichts dieser Entwicklung sagte der italienische Außenminister Luigi Di Magio kürzlich: "Wir müssen die Mechanismen für die Rückführung nach Tunesien sofort wieder aktivieren". Tunesien gelte als "sicheres Land". Der frühere Ministerpräsident Silvio Berlusconi von der rechten Oppositionspartei Forza Italia sprach von "der Gefahr einer neuen Welle von importierten Coronaviren".

Die EU-Kommission koordiniert auf Anfrage Italiens inzwischen die Verteilung geretteter Menschen auf weitere EU-Staaten, wie ein Sprecher sagte. Man sei in Kontakt mit anderen Ländern, die Gespräche hätten jedoch gerade erst begonnen. Man sei sich der "gegenwärtigen Herausforderungen" in Italien, insbesondere auf der Insel Lampedusa, bewusst.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 28. Juli 2020 um 18:00 Uhr.