Situation afrikanischer Flüchtlinge in Spanien Der Traum von Europa - und die harte Realität

Stand: 24.08.2007 23:58 Uhr

Bundeskanzlerin Merkel hat Spanien angesichts der zahlreichen Flüchtlinge auf den Kanaren Unterstützung zugesagt. Es handele sich um ein Problem, bei dem ganz Europa helfen müsse, sagte sie nach dem deutsch-spanischen Regierungstreffen in Meersburg am Bodensee. Allein auf den Kanaren sind seit Januar rund 24.000 Immigranten gelandet.Sie träumen von einer Zukunft in Europa - doch einmal angekommen im vermeintlich "goldenen Westen", kommt es oft ganz anders.

Von Marc Koch, ARD-Hörfunkstudio Madrid

Er hat Angst, aber er kommt jeden Tag wieder. Das zweite Untergeschoss der Metro-Station Cuatro Caminos in Madrid ist sein Platz. 15 Meter unter der Erde treffen sich drei U-Bahn-Linien, laufen tausende Menschen an ihm vorbei – wenn er Glück hat, kauft ja einer von ihnen eine schwarz gebrannte CD oder DVD. Wenn er aber Pech hat, kommt die Polizei.

"Ich habe keine Papiere und keine Arbeit. Und Geld natürlich auch nicht, also muss ich das hier machen. Obwohl alle 2 Minuten ein Polizist vorbeikommt", sagt der Mann aus Mali. E ist seit 6 Monaten in Madrid. Sein Spanisch ist schlecht, nur ein paar Brocken, die er immer wieder mit Französisch vermischt. Was er zur täglichen Verständigung braucht, haben ihm Kumpels beigebracht, die schon länger im Land sind.

Hoffnung auf Geld für die Verwandten zuhause

Auch bei Serge war das damals so. Serge ist vor drei Jahren aus dem Kongo gekommen und musste ziemlich schnell lernen, dass ein Flüchtling auf sich alleine gestellt ist: "Die helfen Dir natürlich nicht so hundertprozentig, wie Du Dir das gedacht hast. Die nehmen Dich ein, zwei Tage bei sich auf, aber Mann, danach musst Du für Dich alleine sorgen." Serge lebt inzwischen legal in Spanien, wohnt mit ein paar Freunden zusammen in Madrid und arbeitet in einer Baustoffirma. Bis hierher glauben die Menschen aus Afrika immer noch, dass sie sicher bald einen Job finden und Geld nach Hause schicken können. Denn die Hoffnung, sagt Serge, stirbt zuletzt: "Wenn Du ankommst, glaubst Du, Du hättest alles. Aber so ist das nicht. Wir haben Sachen erlebt – da musst Du echt leiden."

Wer es doch schafft, schwarz einen Job zu bekommen, hat gleich das nächste Problem, erzählt ein Mann an der Tankstelle: "Die lassen sie dann für 20, 25 Euro schuften, und das Schlimme ist: Sie holen sie für so ein bisschen Kohle – und am Ende zahlen sie ihnen überhaupt nichts." Wehren kann sich kein Flüchtling dagegen. Also schlagen sie sich mit Gelegenheitsjobs durch, verkaufen imitierte Lederwaren, Videos oder CDs. Oder sie verticken Drogen in den großen Parks von Madrid, Barcelona und Valencia.

Verein gibt Tipps für Einwanderer

Aber trotz ihrer miserablen Lebensbedingungen denkt keiner der illegalen Einwanderer an Rückkehr, versichert einer aus dem Senegal in gebrochenem Spanisch: "Viele kommen von Afrika nach Las Palmas. Ich habe im Senegal drei Monate lang keine Arbeit gefunden." Serge hat inzwischen einen Verein gegründet, der sich um die Einwanderer aus Afrika kümmert. Dabei will er nicht nur Tipps geben für das Leben in Spanien: "Wir wollen ihnen zeigen, was wir hier gelernt haben. Und wir wollen ihnen sagen: Bevor Ihr nach Europa geht, versucht wenigstens, in Afrika etwas zu erreichen." Serge hat sich den Traum von Europa erfüllt. Heute träumt er von der Rückkehr.