Hintergrund Vernichtungsfeldzug ohne Gnade

Stand: 14.08.2004 11:38 Uhr

"Von dem Volk der Herero muss jeder das Land verlassen. Innerhalb der deutschen Grenze wird jeder Herero mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen." Mit diesen Worten fällte der Oberbefehlshaber der deutschen Truppen in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika, Lothar von Trotha, das Vernichtungsurteil über das stolze Viehzüchtervolk der Herero.

Vor hundert Jahren begann die entscheidende Schlacht am Waterberg im heutigen Namibia. Nur etwa ein Viertel des Volkes überlebte, mindestens 60.000 Menschen trieben die deutschen Soldaten in den Tod. Vom Stamm der Nama überlebte die Hälfte, etwa 10.000 wurden getötet.

Keine Chance gegen überlegene Waffentechnik

Im Januar 1904 wagten es die Herero, sich gegen Landraub und Willkürherrschaft der deutschen Kolonialherren zu erheben. Herero-Führer Samuel Maharero nutzte einen kurzfristigen Rückzug deutscher Truppen zu einer Revolte. Herero-Kämpfer nahmen den Ort Okahandja ein, überfielen deutsche Farmen und töteten mehr als hundert Siedler und Soldaten. Zunächst waren die 7500 Herero-Kämpfer den knapp 800 Soldaten der so genannten Deutschen Schutztruppe weit überlegen. Doch bald schickte Berlin Verstärkung und den gnadenlosen Oberbefehlshaber von Trotha. Beim Kampf am Waterberg konnten die Herero der überlegenen Waffentechnik der Kolonialmacht nur noch wenig entgegensetzen.

Zugang zu Wasserstellen versperrt

In der Schlacht drängten die deutschen Soldaten die Überlebenden in die Omaheke-Wüste und versperrten ihnen mit einem 250 Kilometer langen Überwachungsring den Rückweg und den Zugang zu Wasserstellen. In einer elenden Todesprozession versuchten viele Herero, sich durch die Wüste bis ins benachbarte britische Kolonialgebiet durchzuschlagen. Etwa 3000 schafften den Gewaltmarsch, weit mehr verdursteten.

Nama ergreifen Guerillataktik

Im Oktober 1904 erklärten auch die Nama, von den Deutschen abfällig Hottentotten genannt, der Kolonialmacht den Krieg. Mit einer Guerillataktik versuchten sie, die übermächtigen Kolonialtruppen in die Knie zu zwingen. Die Deutschen reagierten darauf mit einer Strategie der verbrannten Erde, unter anderem vergifteten sie die Wasserstellen. Es dauerte Jahre, bis die Rebellion der Nama niedergeschlagen war.

Zwangsarbeit unter unmenschlichen Bedingungen

Die Überlebenden Herero und Nama wurden in Konzentrationslager gesperrt. Auch Frauen und Kinder wurden gezwungen, am Bau von Häfen und der Eisenbahn mitzuarbeiten. Entsetzte Missionare berichteten in der Heimat von Fünfjährigen, die Zwangsarbeit leisten mussten, unmenschlichen Bedingungen und einem massenhaften Sterben. Das Land der Herero und Nama wurde enteignet und unter Deutschen verteilt. Zu seinem Geburtstag 1908 schenkte der Kaiser den Herero-Gefangenen die Freiheit. Die meisten lebten damals aber bereits als Zwangsarbeiter auf deutschen Farmen und erfuhren nichts von der Amnestie. Heute leben etwa 120.000 Herero und 60.000 Nama als Minderheiten in Namibia.