Treffen der EU-Innenminister in Wien Grundzüge gemeinsamer Flüchtlingspolitik vereinbart

Stand: 13.01.2006 14:47 Uhr

Zum Abschluss ihrer Beratungen befassen sich die EU-Innenminister in Wien mit der künftigen Rolle der EU-Polizeibehörde Europol. Die Bundesregierung will unter anderem, dass Europol bei der Bewertung eines islamistischen Gefährdungspotenzials mit eingebunden wird. Gestern einigten sich die Minister auf einegemeinsame Asyl- und Flüchtlingspolitik. Außer der gemeinsamen Festschreibung "sicherer" Staaten, deren Bürger in der gesamten EU kein Asyl mehr bekommen sollen, wurden auch "Schutzzentren" vereinbart.

Von Michael Becker, MDR-Hörfunkkorrespondent Brüssel

Der Weg ist noch lang zu einer gemeinsamen europäischen Asylpolitik - aber die praktische Zusammenarbeit zwischen den EU-Ländern soll künftig besser laufen. Bisher kocht jedes Land beim Thema Asyl noch mehr oder weniger sein eigenes Süppchen.

Liste "sicherer" Länder

Da ist zum einen die Frage, wer überhaupt Anspruch auf Asyl hat. Tschetschenen beispielsweise werden in Österreich als Asylanten anerkannt - in Deutschland dagegen nicht. Die EU will sich deshalb zumindest darauf einigen, welche Länder als sicher gelten. Das heißt, Asylbewerber, die aus diesen Ländern kommen, würden überall in der EU mit einem Asylantrag scheitern. Die Bundesregierung findet das richtig. „Eine Liste sicherer Herkunftsländer – wir haben heute diesen Vorschlag wiederholt und dafür breite Zustimmung erfahren,“ meinte Peter Altmaier, Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Ob diese Liste dann aber auch verbindlich wäre, wenn über einen Asylantrag entschieden wird - das ist noch offen.

Alle EU-Staaten sollen auf selber Grundlage urteilen

Außerdem wollen die EU-Länder ihre Informationen über die Herkunftsländer von Asylbewerbern vernetzen. Auch das soll dazu führen, dass die Situation von Flüchtlingen möglichst überall in der EU gleich beurteilt wird - und dementsprechend Asylanträge auch gleich behandelt werden. Das allerdings soll für ein deutsches Gericht nicht bindend sein - darauf legt Bundesjustizministerin Brigitte Zypries großen Wert: „Wir haben eine Unabhängigkeit der Gerichte – und das ist auch gut so. Und das heißt eben auch, dass jeder Richter aufgrund der Erkenntnisse, die ihm vorliegen entscheidet, wie er die Situation in einem Land beurteilt“.

Wird ein Asylantrag abgelehnt, werden die Asylbewerber in ihre Heimatländer zurückgebracht - auch hier wollen die EU-Länder mehr zusammenarbeiten. „Wir haben klar gemacht, dass wir alles tun werden, um praktisch zusammen zu arbeiten – das bezieht sich beispielsweise auf gemeinsame Gruppenrückführung von abgelehnten Asylbewerbern“, erklärte Staatssekretär Altmaier.

"Schutzzentren" in Heimatregionen der Flüchtlinge

Gleichzeitig will die EU sich darum bemühen, die Menschen davon abzubringen, ihre Heimat überhaupt erst zu verlassen. Deshalb will die EU künftig gemeinsam mit den Vereinten Nationen "Schutzzentren" in den Heimatregionen der Flüchtlinge einrichten, um sie dort zu betreuen. Ein erstes soll möglichst bald in Tansania entstehen. Dort will man die Flüchtlinge über ihre Situation aufklären und sie davon abbringen, sich auf den gefährlichen Weg nach Europa zu machen. Auf diese Weise soll der Druck auf die Außengrenzen der EU verringert werden.

Jedes Jahr versuchen tausende Menschen von Nordafrika aus über das Mittelmeer an die Küsten von Spanien oder Italien zu gelangen, um dort Asyl zu beantragen. Viele von ihnen ertrinken dabei. Die meisten, die den Weg übers Meer schaffen, werden am Ende doch zurückgeschickt.