Drei Frauen schieben ihre Kinderwagen einen Berg hinauf

Weniger Kindergeld im Ausland EU-Kommission geht gegen Österreich vor

Stand: 24.01.2019 16:32 Uhr

Der Streit um die Kindergeld-Reform in Österreich eskaliert. Die Brüsseler Kommission hat ein Verfahren eingeleitet, weil Kinder im Ausland weniger Geld bekommen als Einheimische. Wien aber bleibt stur.

Mit der zum Jahreswechsel eingeführten Kindergeld-Reform verstößt Österreich nach Ansicht der EU-Kommission gegen geltendes Recht. Die zuständige Sozial-Kommissarin Marianne Thyssen sieht keinen Grund, das Kindergeld vom Wohnort der Jungen und Mädchen abhängig zu machen. Arbeitnehmer aus dem Ausland zahlten in Österreich schließlich die gleichen Sozialbeiträge wie Einheimische, so Thyssen. "Dann sollten sie auch in den Genuss der gleichen Leistungen kommen. Es gibt in der EU keine Kinder zweiter Klasse." Brüssel hat deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Einsparungen in Millionenhöhe

Die Regierung in Wien hält an der Reform der Familienbeihilfe fest. "Wir gehen weiterhin davon aus, dass die von uns gewählte Form mit europäischem Recht vereinbar ist", erklärte Familienministerin Juliane Bogner-Strauß von der ÖVP.

Seit Jahresbeginn wird das Kindergeld in Österreich indexiert - das heißt, es wird an die Lebenshaltungskosten am Wohnort der Kinder angepasst. Etwa 125.000 Kinder bekommen daher nun weniger Unterstützung. Ihre Eltern arbeiten zwar in Österreich, die Kinder leben aber im Herkunftsland der Familien wie etwa in Polen, Ungarn oder Rumänien. Die Regierung in Wien schätzt, dass die Indexierung Einsparungen von rund 100 Millionen Euro bringen wird. Hintergrund ist sind die steigenden Sozialkosten für EU-Ausländer in Österreich.

Österreich hat nun zwei Monate Zeit, um auf die Vorwürfe aus Brüssel zu reagieren. Bleibt sie bei ihrer Haltung, dürfte der Streit um die Kindergeld-Kürzung bald den Europäischen Gerichtshof beschäftigen.

Forderungen nach Reform auch in Deutschland

Der Streit zwischen Brüssel und Wien dürfte auch in Deutschland aufmerksam verfolgt werden. In den vergangenen fünf Jahren zahlte der Bund immer mehr Kindergeld ins Ausland. 2012 waren es noch 75 Millionen Euro - im vergangenen Jahr dagegen flossen mehr als 400 Millionen ins Ausland. Die meisten der Kinder lebten in Polen.

Vor diesem Hintergrund fordern auch Politiker in Deutschland, das Kindergeld - genau wie Österreich - an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten am Wohnort der Mädchen und Jungen anzupassen. Die AfD hat zwei Anträge dazu im Bundestag vorgelegt. Die CSU hatte im Juni einen Vorstoß im Bundesrat unternommen. Die Bundesregierung zögert bei dem Thema aber bisher, eben wegen der Bedenken der EU-Kommission.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 24. Januar 2019 um 13:00 Uhr.