Kämpfer der Terrorgruppe IS in der nordsyrischen Provinz Rakka
Hintergrund

Einnahmequellen des "Islamischen Staats" Die reichste Terrorgruppe der Welt

Stand: 09.09.2014 05:44 Uhr

Die Terrorgruppe IS herrscht nicht nur über ein riesiges Gebiet im Irak und in Syrien - sie hat auch immense Einnahmen. Ihr Reichtum stammt vor allem aus dem Erdöl-Verkauf. Um IS in die Knie zu zwingen, müssen die Ölfelder zurückerobert werden.

Wie hoch die Einnahmen der Terrororganisation "Islamischer Staat" aus den Erdöl-Geschäften sind, lässt sich nur schätzen: Diese wichtigste Finanzquelle des IS bestand bis Anfang August aus der Ausbeutung von sechs der zehn eroberten Ölfelder im Osten Syriens und von sieben Erdölfeldern und einer Raffinerie im Norden des Irak.  

Immense Gewinne aus Verkauf von Erdöl

Unter regulären Umständen wäre der IS in der Lage, so schätzt das Brookings Institut in Katars Hauptstadt Doha, allein mit den irakischen Ölressourcen auf eine Tagesproduktion von 80.000 Barrel zu kommen. Zum Vergleich: Das steinreiche Sultanat Brunei kommt auf eine knapp doppelt so hohe Produktionsrate. Tatsächlich jedoch kann der IS mit Hilfe lokaler Zwischenhändler und Produzenten nur einen Teil des verfügbaren Erdöls verarbeiten und verkaufen - zu deutlich geringeren Marktpreisen als die derzeit geltenden knapp 100 Dollar pro Barrel.

Das Brookings Institut schätzt, dass der IS an jedem Barrel Erdöl, das auf dem Schwarzmarkt verkauft wird, zwischen 25 und 60 Dollar pro Fass verdient. "Die werden von zahlreichen Kartellen unterstützt, die an dieser Schattenwirtschaft interessiert sind", sagt Luay al Khatteeb vom gleichnamigen Institut in Doha gegenüber dem US-Sender CNN. "Wir sprechen hier über ein ausgeklügeltes Netzwerk, das sich im Wesentlichen über drei Länder erstreckt."

Die drei Länder sind Syrien, Irak und die Türkei. Da es sich ausschließlich um reine Bargeld-Geschäfte handelt, liegen präzise Angaben über die Einnahmen nicht vor.

Einnahmen aus Schutzgeld und "Steuern"

Im Gegensatz zu allen anderen Terrororganisationen verfügt der IS über einen eigenen, riesigen Herrschaftsbereich: Jeweils ein Drittel der Fläche Syriens und ein Drittel der Fläche des Irak, mit einigen Millionen Einwohnern, die Schutzgeld und Steuern zu zahlen haben. Allein in Mosul, der zweitgrößten irakischen Stadt, die die Terroristen Mitte Juni erobert haben, beliefern sich die sogenannten "Steuern" auf acht Millionen Dollar pro Monat, wie die libanesische Journalistin Mona Alami in einer Studie für die Carnegie Stiftung schreibt.

Durch Entführungen und den Schwarzmarkt-Verkauf von archäologischen Objekten kämen weitere zweistellige Millionen Dollar-Beiträge in die Kassen des IS. Insgesamt, so Mona Alami in der Carnegie-Studie, beliefen sich die Jahreseinnahmen des IS auf 1,4 bis 1,5 Milliarden Dollar. Die Erdöleinnahmen mit rund einer Milliarde Dollar machten dabei die größten Posten aus.  

Clemens Verenkotte, C. Verenkotte, ARD Kairo, 09.09.2014 05:21 Uhr

Erhebliche Ausgaben für geschätzt 50.000 Kämpfer

Allerdings habe die Terrororganisation auch erhebliche Ausgaben, nicht allein für den Unterhalt der schätzungsweise 50.000 Kämpfer und deren Versorgungstruppen. Die Besatzung des gewaltigen Gebiets ist für den IS kostspielig: In Raqqa im Osten Syriens etwa, der "inoffiziellen Hauptstadt" des IS, lebten vor dem Krieg über eine Million Menschen, mit Schülern und Krankenhäusern, mit einer Infrastruktur, die jetzt zerstört oder weitgehend funktionsuntüchtig ist.

Allein für die syrischen Gebiete, die der IS erobert hat, habe die Assad-Regierung in ihrem Haushalt für 2014 Ausgaben in Höhe von über acht Milliarden Dollar angesetzt, vor allem für Gehälter, Subventionen von Lebensmitteln und Benzin. Auf irakischer Seite stehen vergleichbare Besatzungsausgaben an.

Finanziell lässt sich die Terrororganisation nur dann in die Knie zwingen, wenn ihr die Erdölquellen wieder abgenommen werden können, eine nach der anderen: Am 28. August etwa gelang es den irakischen und kurdischen Truppen, zwei Ölfelder im Norden des Irak zurückzuerobern. Geschätzter Verlust des IS: Eine Fördermenge von 15.000 bis 20.000 Barrel pro Tag. Und damit etwa ein Fünftel der gesamten IS-Erdöleinnahmen.

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 09. September 2014 um 06:11 Uhr im Deutschlandradio Kultur.