Schwarzer Tag für die EU Iren lehnen EU-Vertrag offenbar ab

Stand: 13.06.2008 15:10 Uhr

Nach dem EU-Referendum in Irland zeichnet sich ein Scheitern des Reformvertrags und damit eine erneute schwere Krise in der Europäischen Union ab. Es sehe nicht gut aus für die Befürworter des EU-Reformvertrags, sagte der irische Europaminister Dick Roche. Auch Irlands Justizminister Dermot Ahern gab die Einschätzung ab, "dass es das Nein sein wird". Für die EU ist dies ein schwarzer Tag.

Von Ralf Borchard, BR-Hörfunkstudio London

Immer mehr spricht dafür, dass dieser Freitag der 13. ein schwarzer Tag für die EU wird. Aus allen wichtigen irischen Wahlkreisen gibt es inzwischen erste Trendmeldungen. Wie der irische Rundfunk RTE berichtet, deuten sie insgesamt auf ein Nein hin. Auch der irische Europaminister Dick Roche sagte: "Es sieht nicht gut aus."

Roche hatte wie die gesamte Regierung und der Großteil der Opposition für ein Ja zum Lissabon-Vertrag geworben. Vor allem in ländlichen Gegenden und Stadtvierteln mit hohem Arbeiter-Anteil ist offenbar deutlich mit Nein gestimmt worden.

Kein schlagendes Argument für den Lissabon-Vertrag

Die Skepsis vieler Iren hat sich aus einem ganzen Bündel von Faktoren ergeben: Die wirtschaftliche Gesamtstimmung ist nach Jahren des Booms in Irlands schlechter geworden, viele Iren bringen das auch mit der Osterweiterung der Europäischen Union in Verbindung. Und: Es gab nicht das eine schlagende Argument für den Lissabon-Vertrag. Das gibt auch Europaminister Roche zu: "Es geht darum, Europa effektiver zu machen. Es geht um mehr Demokratie und darum, Europa mehr Gewicht auf der Weltbühne zu verschaffen. Das sind abstrakte Konzepte, die beim Normalbürger nicht unbedingt auf Resonanz stoßen.“

Sinn Fein von Anfang an dagegen

Fast alle politischen Parteien in Irland haben für ein Ja zum Lissabon-Vertrag geworben. Nur Sinn Fein nicht, früher der politische Arm der Terrororganisation IRA. Die Partei spielt vor allem in der britischen Provinz Nordirland eine Rolle, aber sie sitzt auch in der Republik Irland im Parlament. Mary Lou MacDonals ist Europaabgeordnete für Sinn Fein: "Tatsache ist, dass das europäische Projekt für den Normalbürger weit entfernt, kompliziert und undurchschaubar ist. Die Frage, die wir uns als Europapolitiker stellen müssen ist, wie können wir die EU-Institutionen vereinfachen, dem Bürger zugänglicher und sie demokratisch robuster machen. Und das erfordert grundlegende Reformen, nicht nur dieses Herumbasteln an Kleinigkeiten.“

Viele Iren unzufrieden

Bei viele Iren, egal ob sie mit Ja oder Nein oder gar nicht abgestimmt haben, lässt der wochenlange Wahlkampf und das Referendum selbst ein Gefühl der Unzufriedenheit zurück. So auch bei einem Studenten am Trinity College in Dublin: "Die ganze Diskussion hat sich in poltischem Klein-Klein festgefahren. Die meisten Parteien haben uns gesagt: Stimmt mit Ja! Und viele Iren haben geantwortet: Genau deshalb stimmen wir mit Nein, um dagegen zu sein. Und das ist frustrierend. Man konnte kein objektives Bild davon kriegen, um was es wirklich geht.“

Das endgültige Ergebnis wird für den späten Nachmittag erwartet. Sollte sich das Nein der Iren bestätigen, beginnt umgehend die Debatte: Wie kommt Europa aus dieser Krise wieder heraus?