Irans Präsident Rouhani

Anhörung vor dem IGH Iran fordert ein Ende der Sanktionen

Stand: 27.08.2018 01:12 Uhr

Vor dem höchsten Gericht der UN beginnen heute die Anhörungen zur Klage des Irans gegen die USA. Teheran will ein sofortiges Ende der Sanktionen erreichen - und fordert Schadenersatz.

Von Ludger Kazmierczak, Den Haag

Noch ist völlig unklar, ob der Internationale Gerichtshof (IGH) die Klage überhaupt annehmen wird. Doch dass die 15 Richter im Den Haager Friedenspalast die beiden Konfliktparteien in dieser Woche anhören, wertet der iranische Präsident Hassan Rouhani schon als Erfolg. Wobei seine Sicht der Dinge eine sehr eigenwillige ist.

"Der IGH hat dem US-Außenminister Mike Pompeo schriftlich die Warnung zukommen lassen, etwas sorgsamer mit Dokumenten und Verträgen umzugehen. Das hat keine iranische Zeitung, auch kein iranischer Offizieller gesagt, sondern das höchste Justiz-Organ der Welt. Der Vorsitzende des Internationalen Gerichtshofs hat Amerika gesagt, was es zu tun hat", so Rouhani.

Der Iran fordert eine Entschädigung

Der Iran hofft, vor dem IGH eine einstweilige Verfügung gegen die US-Regierung erwirken zu können. Die USA, so heißt es aus Teheran, müssten die jüngst beschlossenen Sanktionen wieder zurücknehmen und die iranische Wirtschaft für die bereits erlittenen Verluste entschädigen. Einseitig hatte US-Präsident Donald Trump im Mai den Rückzug seines Landes aus dem 2015 vereinbarten Atomabkommen mit dem Iran erklärt. Die Vereinbarung sah vor, dass Teheran sein Atomprogramm massiv zurückfährt und der Westen im Gegenzug die Sanktionen gegen das Land lockert.

Donald Trump

US-Präsident Trump hält das Iran-Abkommen für mangelhaft.

Anders als sein Vorgänger Barack Obama, glaubt Trump nicht daran, dass Teheran sich an das Abkommen hält: "Das Iran-Abkommen ist mangelhaft. Wenn wir nichts unternehmen, wissen wir genau, was passiert. In kürzester Zeit würde der weltweit führende Sponsor des Terrors über die gefährlichste Waffe der Welt verfügen."

Teheran wiederum wirft Washington Vertragsbruch vor, bezieht sich dabei aber nicht auf das Atomabkommen von 2015, sondern auf ein deutlich älteres Dokument: den Friedensvertrag, den die USA und der Iran 1955 - also noch zu Zeiten des Schah-Regimes - unterzeichnet hatten. In Artikel 11 dieser Vereinbarung heißt es, dass "die beiden Parteien bei Unterschieden in der Auslegung des Vertrages den Internationalen Gerichtshof in Den Haag anrufen können". Genau darauf beruft sich nun der Iran, während die USA diesen Freundschaftsvertrag seit der Islamischen Revolution 1979 für null und nichtig halten.

US-Sanktionen gegen den Iran zeigen Wirkung

Das Gericht wird vermutlich schon in den nächsten Wochen eine Entscheidung verkünden, denn die Zeit drängt. Die US-Sanktionen gegen Teheran zeigen bereits Wirkung. Um es sich mit den Amerikanern nicht zu verderben, haben auch europäische Großkonzerne wie Siemens, Daimler oder der französische Ölriese Total ihre Aktivitäten im Iran zurückgefahren oder komplett eingestellt. Obwohl die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini immer wieder betont, dass Europa am Atom-Deal mit dem Iran festhalten wolle. "Es ist kein bilaterales Abkommen. Es tangiert nicht einen einzelnen Staat. Und es steht auch keinem Staat alleine zu, diese Vereinbarung zu beenden", sagte sie.

Der 1945 von den Vereinten Nationen gegründete Internationale Gerichtshof wird auch von den USA anerkannt. Allerdings haben die Amerikaner in der Vergangenheit mehrfach Urteile aus Den Haag ignoriert. Theoretisch hätte das Konsequenzen im Sicherheitsrat nach sich ziehen können. Da die USA dort aber ein Vetorecht haben, gehen sie bei der Missachtung juristischer Entscheidung kein großes Risiko ein.

Ludger Kazmierczak, Ludger Kazmierczak, ARD Den Haag, 27.08.2018 00:37 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 27. August 2018 um 07:05 Uhr.