Trümmer der ukrainischen Passagiermaschine, die im Iran abgeschossen wurde

Flugzeugabschuss im Iran Misstrauisch gegenüber Teheran

Stand: 14.01.2020 10:05 Uhr

Ausländische Regierungen beharren auf einer transparenten Untersuchung zum Flugzeugabschuss im Iran. Vor allem Kanada verlangt nach Antworten. Die iranische Justiz verkündete inzwischen erste Festnahmen.

Nach dem verspäteten iranischen Bekenntnis zum Raketenabschuss des ukrainischen Passagierflugzeugs beharren ausländische Regierungen auf einer transparenten Untersuchung. "Wir wissen, was passiert ist. Was wir nicht wissen, ist, warum es passiert ist", sagte die Chefin der kanadischen Verkehrssicherheitsbehörde TSB, Kathy Fox.

Fox nannte als offene Fragen, ob der Raketenbeschuss absichtlich gewesen sei oder nicht und warum der Luftraum angesichts des dramatisch eskalierten Konflikts zwischen dem Iran und den USA offen gehalten worden war. Es gebe Anzeichen dafür, dass der Iran ihrer Behörde bei der Untersuchung des Absturzes eine "aktivere Rolle" zugestehen wolle, als "normalerweise erlaubt ist".

Kathy Fox, Chefin der kanadischen Verkehrssicherheitsbehörde TSB, bei einer Pressekonferenz

Warum war der Luftraum über dem Iran offen? Diese und andere Fragen will Kathy Fox beantwortet wissen.

Treffen in London

Am Donnerstag soll in London ein erstes Koordinationstreffen der Staaten stattfinden, aus denen bei dem Absturz Menschen ums Leben kamen. Teilnehmen werden die Außenminister von Afghanistan, Großbritannien, Kanada, Schweden und der Ukraine. Das teilte der kanadische Chefdiplomat François-Philippe Champagne mit.

Durch das Treffen solle der Druck auf den Iran aufrechterhalten werden, damit das Land den ausländischen Ermittlern vollen Zugang zum Beweismaterial gewähre und die Untersuchung transparent führe, so Champagne. Auch würden die Außenminister über die angestrebten Entschädigungen für die Hinterbliebenen beraten.

Untersuchung vor Ort

Experten der Internationalen Zivilluftfahrtbehörde werden außerdem vor Ort in die Untersuchung eingebunden. Eine entsprechende Einladung aus Teheran habe man angenommen, gab die Sonderorganisation der UN mit Sitz im kanadischen Montreal bekannt. Für den Einsatz im Iran seien ranghohe Mitarbeiter und Techniker ausgewählt worden. Sie würden vor Ort als Berater und Beobachter fungieren, hieß es.

Die iranische Regierung hatte erst nach tagelangen Dementis zugegeben, dass die Maschine am Mittwoch vergangener Woche von einer iranischen Luftabwehrrakete getroffen worden war. Staatschef Hassan Rouhani führte dies auf einen "menschlichen Fehler" zurück. Teheran hatte kurz zuvor mit Raketenangriffen auf von amerikanischen Truppen genutzte Stützpunkte im Irak Vergeltung für die tödliche US-Militäraktion gegen den General Kassem Soleimani geübt.

Der iranische Al-Kuds-General, Kassem Soleimani (Archivbild).

Der iranische Al-Kuds-General Soleimani (Archivbild).

Iran meldet mehrere Festnahmen

Die iranischen Behörden nahmen unterdessen erste Verdächtige fest. Nach "umfassenden Ermittlungen" seien "einige" Personen verhaftet worden, sagte Justizsprecher Gholamhossein Esmaili. Er nannte weder eine konkrete Zahl noch Namen.

Der iranische Präsident Hassan Rouhani hatte kurz zuvor in einer TV-Ansprache ein Sondergericht gefordert, um das Geschehen in der vergangenen Woche prüfen zu lassen. Ruhani sagte, der Vorfall sei ein "schmerzhafter und unverzeihbarer" Fehler gewesen. Es sei ein "guter erster Schritt", dass die Streitkräfte ihren Fehler zugegeben hätten. Es handle sich um ein "tragisches Ereignis", das genau untersucht werde. Seine Regierung sei den Iranern und anderen Nationen, die bei dem Absturz Todesopfer zu beklagen hatten, zur Rechenschaft verpflichtet und werde dafür sorgen, dass die Verantwortlichen bestraft würden.

In Teheran und anderen Städten wurde derweil weiter gegen die Regierung protestiert. In sozialen Netzwerken kursieren entsprechende Bilder. Auslöser war, dass die iranische Regierung zunächst eine Verantwortung für den Flugzeugabsturz abgestritten hatte. Vor allem Studenten gingen auf die Straßen und prangerten die geistliche Elite des Landes an.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete am 14. Januar 2020 Deutschlandfunk um 06:00 Uhr in den Nachrichten und NDR Info um 06:45 Uhr in den Nachrichten.