Interview

Griechischer Außenminister zu Russland-Sanktionen "Wir drohen nicht mit einem Veto"

Stand: 07.03.2015 19:38 Uhr

Beim Thema Sanktionen gegen Russland gehen in der EU die Meinungen weit auseinander. Während beispielsweise Großbritannien oder Litauen den Druck erhöhen wollen, zeigt sich Griechenland eher zögerlich. Im Interview mit ARD und ZDF erläutert der griechische Außenminister Nikos Kotzias warum.

tagesschau.de: Ist der Kurs der EU gegenüber Russland aus Ihrer Sicht in Ordnung?

Nikos Kotzias: Der Kurs, den die EU gegenüber Russland hat, ist mitbestimmt worden von Griechenland, deshalb bin ich damit zufrieden.

tagesschau.de: Wie ist Ihre Position bei den Sanktionen?

Kotzias: Aus unserer Erfahrung können wir sagen, dass nicht jede Sanktion konstruktiv oder erfolgreich ist. Wir sind für Sanktionen, die die andere Seite zwingen, an den Verhandlungstisch zu kommen. Wir sind dagegen, dass man Sanktionen einfach verhängt, weil man Wut hat. In der EU ist unser Ziel, dass Russland in den Verhandlungen von Minsk bleibt und Minsk auch realisiert. Das hat unsere volle Unterstützung.

tagesschau.de: Verstehen wir Sie richtig, dass Sie sich bei den Sanktionen ein Veto durchaus vorbehalten?

Kotzias: Wenn ich in Verhandlungen bin, diskutiere ich nicht über die Verhandlungen, weil das dann keine Verhandlungen sind. Es gibt Länder, die für die Sanktionen sind - aber die im letzten Jahr und den letzten Monaten ein großes Wachstum in ihren bilateralen Handelsbeziehungen mit Russland hatten. Es gibt NATO-Länder wie die Türkei, die die Märkte, die die griechische Agrarwirtschaft in Russland verlassen muss, besetzen. Unser Land ist in einer wirtschaftlich krisenhaften Situation. Uns kostet es sehr viel, dass wir ein Embargo haben in unserer Agrarproduktion. Die EU muss endlich auch mal diskutieren: Was wird mit unseren wirtschaftlichen Problemen gemacht, die aus den Sanktionen entstehen?

tagesschau.de: Auf manche wirkt das so: Griechenland droht mit einem Veto, wenn es keine Finanzhilfe bekommt.

Kotzias: Wir drohen nicht mit einem Veto. Ein Veto gehört zu den Rechten, die jedes Land in der EU hat, und ich finde es sehr eigenartig, wenn man sagt, dass die Benutzung der EU-Instrumente eine Bedrohung darstellt. Nichts, was in den Statuten und den Verträgen der EU vorgesehen ist, ist eine Bedrohung. Und zweitens: Es gibt Länder, die selten ein Veto einlegen müssen, weil sie genug Kraft haben sich durchzusetzen. Wir haben nie ein Veto ohne Grund eingelegt, und wir werden auch bei der Ukraine wahrscheinlich kein Veto ohne weiteren Grund einlegen. Niemand braucht sich bedroht zu fühlen.  

tagesschau.de: Es gibt also keine Verbindung zwischen Zustimmung zu Sanktionen und weiterer Finanzhilfe?

Kotzias: Unsere Wirtschaft ist durch diese Sanktionen sehr geschädigt. Wir müssen darüber diskutieren, ob gerade uns diese Sanktionen treffen müssen. Die Verluste müssen ersetzt werden innerhalb der EU. Das hat nicht mit Finanzhilfe zu tun. Was ich auch noch gesagt habe ist, dass es NATO-Partner gibt - große und kleinere, die von dieser Situation profitieren. Ich wundere mich immer, dass in der deutschen Presse so sehr über unsere Haltung zu Sanktionen diskutiert wird. Aber es wird kein Wort darüber verloren wird, dass Bündnispartner von uns den Sanktionen überhaupt nicht folgen. Das finde ich einseitig,

Das Interview führte Christian Feld, ARD Berlin