Debatte um Eurokrise auf dem G20-Gipfel "Die EU braucht keine Belehrungen"

Stand: 18.06.2012 22:09 Uhr

Trotz anhaltender Kritik an der Euro-Finanzkrise tritt die EU auf dem G20-Gipfel erhobenen Hauptes auf. Sie weiß um ihre Bedeutung. Die Botschaft lautet: Wir lösen unsere Probleme. Andere Länder müssen ihre eigenen Hausaufgaben machen.

Von Mirjam Gehrke, Deutsche Welle, zzt. Los Cabos

Nach dem wenn auch knappen Wahlsieg der konservativen Nea Dimokratia in Griechenland versucht die EU, auf dem G20-Gipfel in Mexiko zur Normalität zurückzukehren. "Das Ergebnis gibt Anlass zu hoffen, dass es zu einer schnellen Bildung einer stabilen Regierung kommt. Das ist eine wichtige Nachricht für ganz Europa", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach ihrer Ankunft in Los Cabos.

Die griechische Regierung müsse die eingegangenen Verpflichtungen nun auch umsetzen. Dazu werde die EU-Troika möglichst schnell nach Griechenland reisen. Alles Weitere werde mit der zukünftigen Regierung besprochen, fügte die Kanzlerin noch hinzu.

Damit war für sie das Thema Griechenland zunächst einmal abgehakt. "G20 findet in einer Zeit statt, in der das Thema Wachstum und Beschäftigung in allen Kontinenten ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Hier wird jeder Kontinent seinen Beitrag dazu leisten müssen", so ihre zentrale Botschaft.

Blick nach vorne

Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Ratspräsident Herman van Rompuy waren darum bemüht, den Blick nach vorne sowie auf andere G20-Mitglieder zu lenken und die EU als handlungsfähig und - willig darzustellen. "Wir korrigieren unsere internen Ungleichgewichte. Wir hoffen, dass andere G20-Mitglieder ihre externen Ungleichgewichte korrigieren", so van Rompuy - ohne China dabei konkret zu erwähnen, das seine Währung weiterhin künstlich niedrig hält und so einen enormen Handelsbilanzüberschuss erwirtschaftet.

"Strukturreformen, Haushaltkonsolidierung und Wachstumsimpulse", auf diesen drei Säulen basiere der Lösungsansatz der EU, äußerten Merkel und van Rompuy übereinstimmend. Von einer Isolierung der Bundeskanzlerin, die im Vorfeld des Gipfels durch ihre Unnachgiebigkeit in Sachen Sparkurs für Griechenland auch innerhalb der EU Kritik einstecken musste, ist im Vorfeld des G20-Gipfels in Los Cabos nichts zu spüren.

Die EU spricht mit einer Stimme und weiß um ihre Bedeutung für die Weltwirtschaft. "Wir sind die größte Wirtschaft und der größte Handelspartner der Welt", so Barroso. "Und wir sind auch der größte Beitragszahler des IWF", fügte er selbstbewusst hinzu. Insofern sei es nur folgerichtig, dass der Internationale Währungsfonds zur Stabilisierung Griechenlands einen entscheidenden Beitrag leiste.

Demokratische Prozesse brauchen Zeit

"Wir lassen uns hier von niemandem belehren", sagte Barroso vor Beginn des Gipfels. Die Krise sei nicht von Europa ausgelöst worden, sondern habe in den USA "durch die unorthodoxe Praxis in einigen Bereichen des Finanzmarktes" ihren Ausgang genommen. Dadurch seien europäische Banken infiziert worden.

Jetzt gehe es darum, die Bankenunion innerhalb der EU als ersten Schritt möglichst schnell voranzubringen. Weitere Schritte, wie die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion sowie die politische Integration, erforderten teilweise Vertragsänderungen innerhalb der EU, so van Rompuy. "Alle Staaten der EU sind Demokratien, was nicht auf alle G20-Mitglieder zutrifft. Wir treffen Entscheidungen demokratisch, und das braucht seine Zeit", fügte der EU-Ratspräsident hinzu.

Europa wird weiter zusammenrücken

Ein Haarriss in der demonstrativen EU-Einigkeit stellt weiterhin die Uneinigkeit zwischen Berlin und Brüssel zu den Eurobonds dar. Während Merkel die Vergemeinschaftung der Staatsschulden weiterhin ablehnt, gab Barroso in Los Cabos zu Protokoll, "künftige Euro-Bonds werden keine Lizenz zum Ausgeben sein".

Die Europäische Union müsse die Architektur ihrer wirtschaftlichen Gemeinschaft vorantreiben, die finanziellen Strukturen müssten der politischen Union entsprechen, sagte Barroso. In perfekter Abstimmung sekundierte van Rompuy, für eine solche Verallgemeinerung der Schulden seien die Bedingungen allerdings noch nicht gegeben. "Das kann erst passieren, wenn wir ein höheres Niveau an finanziellen und politischen Strukturen erreicht haben."

Und das schloss sich dann der Kreis zu Merkel, die zuvor bereits verkündet hatte: "Wir werden in der Eurozone mehr zusammenrücken müssen. Wir müssen das Fundament der Wirtschafts- und Währungsunion schrittweise bauen. Ich rechne mit einem guten Gipfel."