Entscheidung in Griechenland Papademos wird Ministerpräsident

Stand: 10.11.2011 15:15 Uhr

Ein Finanzexperte soll Griechenland aus der Krise führen: Lucas Papademos wird neuer Ministerpräsident des hochverschuldeten Landes. Der ehemalige Vize der EZB soll schon morgen vereidigt werden. Wichtigste Aufgabe der Übergangsregierung: die Umsetzung der Spar- und Reformpläne gemäß den Beschlüssen des EU-Gipfels.

Der frühere EZB-Vizepräsident Lukas Papademos soll die neue griechische Übergangsregierung bilden. Papademos wurde am Mittag mit der Nachfolge des zurückgetretenen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou beauftragt. Die neue Regierung soll schon Freitagmittag vereidigt werden. Sie wird als eine "Regierung der nationalen Einheit" von den bisher regierenden Sozialisten (PASOK), den Konservativen (ND) und der ultrakonservativen Völkischen Orthodoxen Gesamtbewegung (LAOS) unterstützt.

"Ich nehme den Auftrag an"

Mit dem Regierungsauftrag an den 64-jährigen Wirtschaftsexperten ging ein fast fünftägiges Tauziehen um die Nominierung des neuen Ministerpräsidenten zu Ende. "Ich nehme den Auftrag an", erklärte Papademos. Und er räumte zugleich ein: "Ich bin kein Politiker. Ich habe mich den größten Teil meines Lebens mit Finanzdingen befasst."

Er sei überzeugt, dass die wirtschaftlichen Probleme zu lösen seien, sagte er. Die wichtigste Aufgabe der neuen Regierung werde es sein, die Spar- und Reformvorhaben umzusetzen, die Ende Oktober auf dem Gipfeltreffen der Euro-Zone vereinbart worden seien, und das internationale Hilfsprogramm für Griechenland unter Dach und Fach zu bringen.

Papademos legte ein klares Bekenntnis zum Euro ab: Die europäische Gemeinschaftswährung sei die Garantie für Griechenlands "Geldwertstabilität".

Beifall von der EU

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso begrüßten die Nominierung Papademos' und erklärten, die Bildung einer Einheitsregierung schlage ein "neues Kapitel in Griechenland" auf. "Wir haben seit langem darauf hingewiesen, dass ein breiter politischer Konsens notwendig ist, um Griechenland aus der wirtschaftlichen Krise zu führen", erklärten die beiden Politiker.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte der neuen griechischen Regierung Unterstützung zu. "Wir wollen, dass Griechenland schnell auf einen guten Weg kommt." Die Kanzlerin betonte: "Wir wollen vor allen Dingen, dass die sehr, sehr harten Reformbemühungen für ein besseres, effizienteres und konsolidierteres Griechenland auf möglichst breiten politischen Schultern stehen." Das werde die Akzeptanz der Reformen einfacher machen.

Tagelanges Gezerre um Regierungsbildung

Über die Regierungsbildung war seit dem Wochenende verhandelt worden. Papademos galt früh als einer der möglichen Kandidaten, traf aber offenkundig insbesondere bei der konservativen Opposition auf Vorbehalte. Berichten nach hatte Papademos mehr Befugnisse für sich sowie eine längere Amtszeit gefordert, als ihm Oppositionschef Antonios Samaras mit Blick auf die für Februar geplanten Neuwahlen zugestehen wollte.

Staatschef Karolos Papoulias hatte führende Vertreter der Parteien deshalb für den Vormittag erneut in den Präsidentenpalast gebeten. Später stieß auch Papademos zu den Gesprächen.

Zuvor hatte Ministerpräsident Papandreou am Abend in einer TV-Ansprache formell seinen Rücktritt erklärt. Ein anschließendes Gespräch beim Staatspräsidenten brachte aber noch nicht die erhoffte Einigung auf einen Nachfolger. Papandreou war zwei Jahre im Amt gewesen.

Das zähe Ringen um die Einheitsregierung hatte in den vergangenen Tagen die wirtschaftlichen Sorgen des Landes noch einmal vertieft. Wegen der politischen Krise hatten besorgte Griechen in der vergangenen Woche damit begonnen, ihre Konten zu räumen. Sie hätten mehr als fünf Milliarden Euro oder drei Prozent der Einlagen von den Banken abgezogen, hieß es in Bankenkreisen. Das sei auch eine Reaktion auf den später zurückgenommenen Plan Papandreous gewesen, das Volk über die Sparauflagen abstimmen zu lassen.