Konsequenz aus Flüchtlingskrise EU-Parlament billigt verstärkten Grenzschutz

Stand: 06.07.2016 16:22 Uhr

Das Europa-Parlament stimmt der Gründung einer neuen Grenzschutzbehörde mit weitreichenden Kompetenzen zu. Sie soll sich stärker um die Rückführung von Migranten kümmern. Ihr Einsatz soll auch gegen den Willen eines betroffenen Landes beschlossen werden können.

Das Europaparlament stimmte der Gründung einer neuen Behörde zu, die mit mehr Kompetenzen am Schutz der EU-Außengrenzen beteiligt sein soll als die bisherige Grenzschutzagentur Frontex. Die Abgeordneten in Straßburg votierten mit großer Mehrheit für das Vorhaben. Zum Einsatz sollen 1500 nationale Grenzschützer kommen, 225 davon aus Deutschland. Frontex soll in der neuen Behörde aufgehen.

Angesichts "erhöhter Unsicherheit und vergrößerter Migrationsströme" sei der neue Grenzschutz von größter Wichtigkeit, lobte der für das Thema federführende Abgeordnete, der lettische Christdemokrat Artis Pabriks. Die Truppe werde "mit dem nötigen modernen Material ausgerüstet sein, zum Start vielleicht mit Nachsichtgeräten und am Ende mit Flugzeugen und Schiffen, wenn das gebraucht wird", sagte Pabriks.

Die neue Agentur soll nicht nur Grenzen kontrollieren, sondern auch bei der Rückführung von Migranten in ihre Herkunftsländer und zur Rettung Schiffbrüchiger eingesetzt werden. Das Vorhaben beweise, "dass die EU, ihre Institutionen und ihre Mitgliedstaaten Resultate liefern können", sagte der Sozialdemokrat Péter Niedermüller aus Ungarn.

Einsatz von Truppen auch gegen den Willen eines Landes

Knackpunkt der Verhandlungen war, inwieweit die Agentur auch gegen den Willen eines einzelnen EU-Landes agieren darf, wenn dieses seine Grenzen wirklich oder vermeintlich zu ungeschützt lässt, wie es Griechenland oft vorgeworfen wurde. Nach dem neuen Gesetz kann ein Einsatz des Grenzschutzes auch gegen den Willen des betreffenden Landes beschlossen werden. Allerdings kann dieses nicht gezwungen werden, die Grenzschützer auch tatsächlich arbeiten zu lassen. Allerdings haben die übrigen Mitgliedstaaten ein starkes Druckmittel erhalten: Wehrt sich ein Staat gegen den Einsatz der EU-Truppe, dürfen die anderen EU-Mitglieder ihrerseits die Grenzen gegenüber diesem Staat dichtmachen.

Kritik am neuen Grenzschutz kam unter anderem von der Linkspartei. Ziel der Organisation sei in Wirklichkeit, Flüchtlinge "zurück unter die Bomben und in den Stacheldraht" zu deportieren, sagte die spanische Abgeordnete Marina Albiol Guzmán. Die deutsche Grünen-Abgeordnete Ska Keller beklagte, der neue Grenzschutz helfe nicht gegen den Mangel an Solidarität und politischem Willen in den Mitgliedstaaten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 06. Juli 2016 um 16:41 Uhr