EU will Ländern Verbote erleichtern Das Gezerre um die Genpflanzen

Stand: 12.06.2014 13:02 Uhr

Die EU-Umweltminister haben entschieden, nationale Anbauverbote von Genpflanzen zu erleichtern. Diese würden nun jedoch durch die Hintertür auf europäischen Äckern landen, warnen Kritiker.

Von Kai Küstner, NDR-Hörfunkstudio Brüssel

Der Name klingt eher nach gepflegter Langeweile, doch die Maissorte "Nummer 1507", wie sie schlicht genannt wird, vermag es durchaus, die Gemüter zu erhitzen.

Das passierte zum Beispiel, als die EU-Kommission im vergangenen Jahr empfahl, "Mais Nummer 1507" in Europa zum Anbau zuzulassen. Was die Sache so strittig macht: Es handelt sich um eine genmanipulierte Sorte.

"Genpflanzen gefährden Nützlinge"

"Die Kommission empfiehlt - gestern wie heute - die Zulassung, weil sie an die 'Vereinbarung über genetisch veränderte Organismen' gebunden ist", sagte Tonio Borg, EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz: "Und die verbietet nun mal nicht den Anbau dieser Pflanzen." So versuchte Borg Bedenken zu zerstreuen.

Doch die Maissorte mit dem unschuldig klingenden Namen war fortan europaweit in aller Munde. So warnten Umweltverbände und auch der EU-Parlamentarier der Grünen, Martin Häusling, dringend davor, es der Pflanze zu erlauben, sich auf europäischen Äckern breit zu machen: "Die Pflanze produziert selber Gift - und das gefährdet wiederum auch Nützlinge", so Häusling. "Nicht nur Schädlingsraupen fressen an dem Mais, sondern auch Schmetterlingsraupen - und die fallen dann genauso tot von der Pflanze.“

Deutschland verhinderte Genmais-Verbot

Umweltschützer warnen also vor den absehbaren Folgen für Insekten - und den noch nicht absehbaren für den Menschen. Ob sich Pflanzen dieser Art auf die Gesundheit des Menschen auswirken, ist noch nicht erwiesen: "Langfriststudien sind dringend notwendig. Die werden aber bislang weder in Europa noch sonst irgendwo auf der Welt durchgeführt", klagt Marco Contiero von Greenpeace Brüssel.

Doch nicht nur die Maispflanze selbst erzeugte in dieser Sache Schlagzeilen, sondern auch die Bundesregierung: "Merkel macht den Weg für Genmais frei", lautete eine vom Februar. Als die EU-Staaten damals über die Zulassung der Pflanze mit der Nummer 1507 abstimmten, enthielt sich Deutschland und verhinderte so ein Verbot. Doch die Bundesregierung und die EU-Kommission wissen: Bei der Bevölkerung sind gentechnisch veränderte Pflanzen mindestens umstritten, wenn nicht gefürchtet.

Kai Küstner, K. Küstner, NDR Brüssel, 12.06.2014 17:16 Uhr

Mehr Entscheidungsfreiheit für Länder

Daher haben die EU-Umweltminister nun neue Regeln für die Zulassung von Genpflanzen beschlossen, die den Ländern mehr Entscheidungsfreiheit lassen. Was das bedeutet, erklärt Borg: "Wenn die Kommission zum Vorschlag, eine Sorte anzupflanzen, Nein sagt, dann wird diese auf europäischem Gebiet verboten bleiben. Wenn die Kommission aber Ja sagt, dann heißt das nicht Ja für alle." Die Einzelstaaten können dann immer noch, auch ohne das mit Gesundheits- oder Umweltrisiken zu begründen, die Anpflanzung auf ihrem Gebiet ablehnen.

Es geht also darum, dass die Einzelstaaten Genmais oder Genkartoffeln in ihren Ländern leichter verbieten können. Alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Belgiens und Luxemburgs schlossen sich diesem Vorschlag an. Jetzt ist das Parlament gefragt.

Hintertürchen für Gen-Gewächse?

Kritiker warnen, durch die Hintertür würden Gengewächse so doch vermehrt auf europäischen Äckern landen. Und einfach werde es nicht mit den Verboten: Die Hersteller könnten womöglich gegen Länder klagen, die deren Laborzüchtungen nicht aussäen wollen. Namen wie "Maissorte 1507" und Konsorten dürften also auch zukünftig in der Diskussion immer wieder auftauchen. Und vielleicht auch einiges Tages im Gerichtssaal.