Hintergrund

Leck auf Plattform in der Nordsee Das Gas der "Elgin": giftig und leicht brennbar

Stand: 28.03.2012 12:22 Uhr

Wie viel Gas derzeit aus dem Leck der "Elgin"-Plattform entweicht, weiß niemand genau. Sicher ist: Das mit relativ viel Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff angereicherte Gas ist giftig, Schäden für die Umwelt könnten gravierend sein. Schwierig gestaltet sich auch die Schließung des Lecks.

Von Werner Eckert, SWR-Umweltredaktion

Unter der Plattform schäumt und gurgelt die See. Das Leck ist also nicht auf der Anlage, sondern irgendwo zwischen dem Nordseegrund in 93 Meter Tiefe und der Oberfläche. Wie viel Gas ausströmt, das ist momentan unklar. Die Plattform hatte ursprünglich neun Millionen Kubikmeter Gas am Tag gefördert - rund drei Prozent der britischen Gaslieferungen.

Erdgas besteht vor allem aus Methan sowie einigen anderen Kohlenwasserstoffen. Die sind allesamt leicht brennbar. Die erste Gefahr ist also die, dass die Anlage Feuer fängt. Das Gas des "Elgin"-Feldes gilt aber auch als "Sauergas", weil es relativ viel Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff enthält. Dieser Schwefelwasserstoff mit seinem charakteristischen Duft nach faulen Eiern ist zudem giftig.

Die Befürchtung: "Todeszonen" könnten entstehen

In der Luft verdünnen sich diese Gase allesamt sehr schnell. Sie stellen aber eine zusätzliche Klimabelastung dar. Im Wasser werden sie von Mikroorganismen verarbeitet, sagt Professorin Antje Boetius, Meeresökologin vom Alfred-Wegener-Institut. Dabei - wie auch beim chemischen Abbau - wird Sauerstoff verbraucht. Der fehlt dann den Meerestieren und Pflanzen. Passiert das großräumig, sprechen Umweltschützer von sogenannten Todeszonen, in denen eben kein Leben mehr möglich wäre. Boetius hält das aber für sehr unwahrscheinlich, weil das Wasser der Nordsee durch Wind und Strömungen immer wieder gut durchmischt werde.

Die größere Belastung für Seevögel und Fische geht ihrer Ansicht nach von dem dünnen Ölstreifen aus, der sich von der Plattform aus etwa zehn Kilometer weit hinzieht. Dabei handelt es sich um Kondensat, also um ganz leicht flüchtige Öle, die mit dem Naturgas an die Oberfläche kommen und dort wie feiner Nebel kondensieren. Der Film verdampft auch wieder leicht und ist deutlich weniger giftig als Rohöl. Einen Vergleich des Unfalls auf der "Elgin"-Plattform mit der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko vor zwei Jahren hält die Expertin deshalb für unangebracht.

Wie kann das Leck geschlossen werden?

Der Plattform-Betreiber Total hat Fachleute aus den USA einfliegen lassen. Sie sollen Wege finden, wie das Gas gestoppt werden kann. Sollte das Leck tatsächlich die Hauptbohrung betreffen, dann wäre das deshalb besonders schwierig, weil das Gasfeld eines der heißesten und unter dem höchsten Druck stehenden auf der Welt ist.

Eine Entlastungsbohrung - das gleiche Vorgehen wie beim Unglück auf der Öl-Plattform "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko - ist die sicherste Option. Sie würde Monate in Anspruch nehmen. Schneller, aber gefährlicher ist der Versuch, von oben her das Loch zu verstopfen. Der Betreiber behauptet auch - und hofft darauf - dass der Gasaustritt von alleine aufhören könnte.

"Ein schmutziges Geschäft"

Umweltverbände sehen den Unfall als weiteren Beleg, dass Bohrungen auf See nicht beherrschbar sind. Dem stimmt die Wissenschaftlerin des Alfred-Wegener-Instituts ausdrücklich zu. "Alle Bohrungen auf See sind ein schmutziges Geschäft. Sogar im Normalbetrieb. Und schon ganz und gar, wenn ein Unfall passiert", sagt Boetius.