Flüchtlinge in Griechenland Bundesregierung sieht Athen in der Pflicht

Stand: 23.03.2017 05:11 Uhr

Deutschland hat sich in der Flüchtlingskrise zuletzt weitgehend solidarisch mit Griechenland gezeigt. Kurz vor dem EU-Gipfel mehren sich kritische Stimmen aus der Bundesregierung: Athen solle seine Zusagen endlich einhalten, dabei aber Hilfe erhalten.

Kurz vor dem EU-Türkei-Gipfel zur Flüchtlingskrise erhöht die Bundesregierung den Druck auf die griechische Regierung, mehr für die Unterbringung von Migranten zu tun. "Eigentlich sollte Griechenland bis Ende 2015 50.000 Unterbringungsplätze für Flüchtlinge geschaffen haben. Der Rückstand muss jetzt in Windeseile aufgeholt werden, denn die griechische Regierung muss für menschenwürdige Unterkunft sorgen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel der "Bild am Sonntag".

"Aus meinen Gesprächen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras weiß ich, dass er das auch will, aber dass er dafür auch unsere Hilfe braucht, und deshalb muss und wird die EU Griechenland dabei solidarisch unterstützen." Die verschärfte Notlage der gestrandeten Migranten in Griechenland lastete Merkel auch Österreich und den Balkanländern an. Die Staaten lassen nur noch wenige Menschen durch - Zehntausende stauen sich deshalb an der griechischen Grenze. Der Gouverneur der Region, die an Mazedonien grenzt, will deshalb den Notstand ausrufen.

"Die Politik des Durchwinkens ist vorbei"

Wie Merkel machte aber auch Innenminister Thomas de Maizière deutlich, dass Deutschland Griechenland keine gestrandeten Flüchtlinge abnehmen werde. Angesichts der Hilfe, die andere Staaten geleistet hätten, erscheine die Aufgabe für Griechenland "nicht unzumutbar", sagte der CDU-Politiker der "Passauer Neuen Presse".

Nach den Dublin-Regeln müssten Asylverfahren ohnehin in dem EU-Staat stattfinden, in dem die Flüchtlinge ankämen. Die Politik des Weiterleitens von Flüchtlingen nach Norden zulasten Deutschlands habe unter anderem in Griechenland begonnen und die Balkanstaaten hätten dies übernommen. "Die Politik des Durchwinkens ist jetzt vorbei und muss vorbei bleiben", so de Maizière.

Griechenland sieht sich überfordert

Griechenlands Ministerpräsident Tsipras sagte der "Bild", die Flüchtlingskrise sei für Griechenland nicht allein lösbar. "Die Aufgabe überfordert uns." Sein Land könne die Menschen nicht einsperren, wenn sie weiter wollten, etwa weil sie in Griechenland keine Chance auf Arbeit hätten. Auch er kritisierte die Grenzschließungen einzelner Länder, durch die der Rückstau entstanden ist.

Schulz fordert "Koalition der Willigen"

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, forderte die Aufnahme von gestrandeten Migranten aus Griechenland durch mehrere EU-Staaten. "Wenn wir 30.000 von den Flüchtlingen, die sich jetzt in Griechenland stauen, verteilen würden, wäre das eine enorme Entlastung für das Land", sagte der SPD-Politiker dem "Tagesspiegel am Sonntag".

In der Flüchtlingskrise sollte Deutschland nach seiner Meinung zudem gemeinsam mit Frankreich und Portugal eine "Koalition der Willigen" unter den 28 EU-Staaten schmieden. Das Dreierbündnis könnte bei der seit Monaten stockenden Verteilung von 160.000 Migranten aus Griechenland und Italien freiwillig allein die Hälfte der Asylsuchenden aufnehmen. "Die restlichen 80.000 unter den übrigen Mitgliedstaaten zu verteilen, sollte kein Problem darstellen", sagte Schulz.

Bundesregierung sieht auch Türkei in der Pflicht

Die Bundesregierung richtete vor den mit Spannung erwarteten Beratungen der EU mit der Türkei am Montag in Brüssel zugleich deutliche Erwartungen an die Regierung in Ankara. Die Türkei müsse ihren Beitrag zur Grenzsicherung leisten, sagte de Maizière. Dazu gehöre auch die Bereitschaft, Migranten aus Griechenland zurückzunehmen, unterstrichen er und Vizekanzler Sigmar Gabriel Zugleich müssten der Türkei aber auch Kontingente von Flüchtlingen abgenommen werden.