Flucht nach Europa Tsipras will Flüchtlinge sofort weiterleiten

Stand: 03.03.2016 12:50 Uhr

Der griechische Ministerpräsident Tsipras hat die sofortige Weiterleitung der in seinem Land gestrandeten Flüchtlinge gefordert. EU-Ratspräsident Tusk warnte Migranten weltweit davor, nach Europa zu kommen. Und der niederländische Ministerpräsident Rutte will gar keine neuen Flüchtlinge.

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras hat die sofortige Weiterleitung der in Griechenland gestrandeten Flüchtlinge in andere Länder gefordert. Sein Land schultere bereits jetzt einen weit größeren Anteil an der Flüchtlingskrise als andere Staaten, sagte er beim Besuch von EU-Ratspräsident Donald Tusk in Athen. Es müsse der EU klar sein, dass Griechenland dies nicht alleine schaffen könne.

"Griechenland fordert, dass alle Staaten die EU-Verträge respektieren und Sanktionen gegen die verhängt werden, die sie brechen", sagte Tsipras. Gebraucht würden humanitäre Hilfe und Geld, um die Flüchtlinge zumindest temporär unterbringen zu können. "Griechenland wird auf keinen Fall ein Lager für verlorene Seelen werden."

"Kommen Sie nicht nach Europa"

EU-Ratspräsident Tusk sagte, die Lage auf der West-Balkanroute Richtung Deutschland sei dramatisch. Einseitige Schritte von Staaten in der Krise widersprächen der europäischen Solidarität, betonte er mit Blick auf die faktischen Grenzschließungen einiger Länder auf der Balkanroute. Gleichzeitig warnte Tusk Migranten davor, nur aus wirtschaftlichen Gründen nach Europa zu kommen: Der "Prozess des Durchwinkens" werde aufhören. "Und deswegen appelliere ich an alle potenziellen illegalen Wirtschaftsmigranten - egal woher sie stammen: Kommen Sie nicht nach Europa. Glauben Sie nicht den Schmugglern. Riskieren Sie Ihr Leben und Ihr Geld nicht", sagte Tusk.

In Griechenland sitzen Zehntausende Flüchtlinge fest, seitdem unter anderem Mazedonien seine Grenze praktisch geschlossen hat. Auch andere Balkanstaaten wollen täglich nur wenige Hundert Menschen durchlassen. Österreich hat ebenfalls strikte Obergrenzen für Ein- und Durchreise festgelegt.

Österreich will Druck auf Griechenland erhöhen

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz forderte angesichts der dramatischen Lage an der griechisch-mazedonischen Grenze, den Druck auf Griechenland zu erhöhen, damit die Flüchtlinge in den Registrierungszentren dort besser versorgt werden. "Wir müssen das Durchwinken von Griechenland nach Norden stoppen", sagte Kurz der "Süddeutschen Zeitung". Es könne nicht sein, "dass die, die es bis nach Griechenland schaffen, automatisch weiterreisen dürfen".

Zwar strebe auch Wien eine europäische Lösung gemeinsam mit der Türkei an. Doch Kurz warnte davor, sich davon weniger schreckliche Bilder zu erwarten als jene, die derzeit von der mazedonisch-griechischen Grenze kämen. Es sei "moralisch nicht hochwertiger", wenn die Flüchtlinge in der Türkei statt in Griechenland oder Mazedonien aufgehalten würden. Kritik an der von Wien initiierten Konferenz mehrerer Balkanländer und der weitgehenden Schließung der Balkanroute für Flüchtlinge wies Kurz zurück.

Kroatiens Regierungschef Tihomir Oreskovic verteidigte die verschärften Grenzkontrollen und -schließungen auf der sogenannten Balkanroute ebenfalls. Deutschland würde von den Grenzschließungen sogar profitieren, sagte Oreskovic: "Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Österreich, Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien ist der Transitverkehr deutlich zurückgegangen. Davon hat auch Deutschland profitiert: Es kommen nicht mehr Tag für Tag 3000 Flüchtlinge über Österreich nach Deutschland, sondern weniger als 500."

"Man muss die Null sehen"

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte forderte, dass gar keine neuen Flüchtlinge mehr nach Griechenland kommen. "Man muss die Null sehen, die ich derzeit noch nicht erkennen kann", sagte Rutte der Nachrichtenagentur Reuters. Das Minimalziel für den EU-Türkei-Gipfel am Montag sei für ihn, dass es eine Vereinbarung zur beschleunigten Abschiebung von Menschen ohne Aussicht auf Asyl in die Türkei gebe.

Rutte nahm zugleich die griechische Regierung in die Pflicht: "Griechenland muss akzeptieren, was es heißt und welche Verantwortung damit verbunden ist, ein Staat mit einer Außengrenze des Schengen-Raums zu sein." Die Politik des "Durchwinkens" von Flüchtlingen müsse aufhören. Zugleich müsse Griechenland aber bei der Versorgung von Migranten unterstützt werden. Das schließe auch finanzielle Hilfe in Verbindung mit der Flüchtlingskrise ein. Die Niederlande üben derzeit die EU-Ratspräsidentschaft aus und stecken damit maßgeblich die Agenda der EU-Ministertreffen ab.

Frankreich droht Großbritannien mit Flüchtlingen

Frankreichs Wirtschaftsminister Emmanuel Macron hat Großbritannien im Vorfeld des Treffens zwischen dem britischen Premier Cameron und dem französischen Präsidenten Hollande vor einem EU-Austritt gewarnt. Falls es dazu kommen würde, könnte Frankreich die Kontrollen Tausender in Richtung Vereinigtes Königreich reisender Flüchtlinge stoppen, sagte Macron der "Financial Times". Die Vereinbarung, nach der Frankreich Flüchtlinge auf seiner Seite des Kanals aufhalte, könne dann ihre Gültigkeit verlieren.

Frankreich hatte diese Woche damit begonnen, ein Flüchtlingslager in Calais aufzulösen, das für beide Länder als Unruheherd galt.