Besetzung der neuen EU-Kommission Oettinger wird Digital-Kommissar

Stand: 10.09.2014 14:49 Uhr

EU-Kommissionspräsident Juncker hat die neue Kommission vorgestellt. Schlüsselressorts gehen an einen Franzosen, einen Briten und einen Deutschen. Der CDU-Politiker Oettinger wird für die Digitalwirtschaft zuständig sein.

Der gewählte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat die neue EU-Kommission vorgestellt. Nun ist klar: Kommissare aus Frankreich, Großbritannien und Deutschland werden künftig wirtschaftspolitische Schlüsselressorts leiten. Wie Juncker mitteilte, wird der französische Sozialist und ehemalige Finanzminister Pierre Moscovici neuer Wirtschaftskommissar und damit auch zuständig für Haushaltsdisziplin.

Der britische Konservative Jonathan Hill soll für Finanzdienste und Stabilität zuständig sein. Der CDU-Politiker Günther Oettinger wird sich um Digitalwirtschaft kümmern. Der 60-Jährige war bisher in Brüssel für Energiepolitik zuständig. In der neuen Funktion soll Oettinger dabei helfen, Europa digital zu vernetzen und die Reform des Urheberschutzrechtes im Internetzeitalter voranzutreiben.

Lob - und harsche Kritik

Die Bundesregierung begrüßte die Nominierung des CDU-Politikers Oettinger. "Das ist aus unserer Sicht sehr gut", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Das Ressort sei eines der entscheidenden in der neuen Kommission unter Präsident Juncker und auch für die Bundesregierung von zentraler Bedeutung.

Als "echte Fehlbesetzung" kritisierte die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Europaparlament, Rebecca Harms, die Personalie. Auch die Europaabgeordnete der Piratenpartei, Julia Reda, kritisierte die Entscheidung. Oettinger könne in seinem künftigen Fachgebiet keine Erfahrungen vorweisen.

Doch auch die Nominierung des Briten Hills stieß auf Kritik. So nennt der Europa-Abgeordnete Sven Giegold die Ernennung eine "Provokation", da Hill Mitbegründer einer Beratungsfirma sei, zu deren Kunden auch Unternehmen aus der Finanzbranche gehörten, schreibt der Grünen-Abgeordnete auf seiner Internetseite. "Damit wäre ein Banken-Lobbyist für die Finanzmarktregulierung zuständig."

Neu geschaffener Posten: Erster Vizepräsident

Die weitere Besetzung der Kommission: Der frühere finnische Regierungschef Jyrki Katainen wird Kommissar für Beschäftigung und Arbeit, die bisherige schwedische Innenkommissarin Cecilia Malström erhält das Ressort Handel und die Dänin Margrethe Vestager wird Kommissarin für Wettbewerb. Das Ressort Klima und Energie geht an den ehemaligen spanischen Landwirtschaftsminister Miguel Arias Cañete.

Neu geschaffen wird der Posten eines ersten Vize-Präsidenten der Kommission, den der bisherige niederländische Außenminister Frans Timmermanns erhält. Er soll nach Angaben der Kommission ressortübergreifend für eine effiziente EU-Gesetzgebung sorgen und zugleich über die Einhaltung der EU-Grundrechtecharta wachen. Als neue EU-Außenbeauftragte war bereits Ende August die 41 Jahre alte derzeitige italienische Außenministerin Federica Mogherini nominiert worden.

Insgesamt wird es in der Brüsseler Kommission wie bisher sieben Vizepräsidenten geben. Deren Rolle wird allerdings verstärkt: Sie sollen als Koordinatoren große Projekte leiten, für die mehrere Kommissare zuständig sind - etwa das geplante Investitionsprogramm in Höhe von 300 Milliarden Euro, die angestrebte Energieunion oder den Ausbau des Internets. In diesem Bereich untersteht Oettinger künftig dem estnischen Politiker Andrus Ansip, der als einer der Vizepräsidenten für den Gesamtbereich "digitaler Binnenmarkt" verantwortlich sein wird.

Kritische Befragung durch Europa-Abgeordnete

Unter den 28 Kommissaren sind neun Frauen, genauso viele wie bisher. 15 Kommissare stehen politisch rechts oder Mitte-rechts, fünf gehören dem liberalen und acht dem sozialistischen Lager an. Frankreichs Anspruch auf den einflussreichen Posten des Wirtschaftskommissars war bereits vorab vor allem in Deutschland auf Kritik gestoßen - zumal Moscovici als Finanzminister das französische Haushaltsdefizit nicht unter Kontrolle bekommen hatte. Wie alle anderen Kandidaten muss sich der Franzose vor seiner Ernennung einer Anhörung im Europaparlament stellen. Dort haben Mitglieder des Währungsausschusses bereits Bedenken gegen ihn angemeldet.

Die Anhörungen in den einzelnen Ausschüssen sollen nach bisheriger Planung in der letzten Septemberwoche beginnen. Die Abgeordneten wollen dabei die Kompetenz der Anwärter für ihre jeweiligen Aufgaben prüfen. Während der am 20. Oktober beginnenden Plenarsitzung in Straßburg wird dann das Europaparlament über die Ernennung der gesamten Kommission abstimmen. Kommissionspräsident Juncker war vom Europaparlament bereits Mitte Juli mit deutlicher Mehrheit bestätigt worden. Die Zustimmung der EU-Volksvertretung ist notwendig, damit Juncker und seine Mannschaft wie geplant im November den Dienst antreten können.